Oppdal und ausgepilgert
In Trondheim habe ich für zwei Tage ein Hotelzimmer gebucht und werde einen Ruhetag einlegen. Natürlich ist eine der grössten Städte in Norwegen nicht unbedingt prädestiniert um sich während so einer Wanderung zu erholen, doch die Einsamkeit hat sich in den letzten Tagen auch in Grenzen gehalten. Ich werd`s überleben.
Tag 67 / Trondheim Ruhetag
Zum einen freue ich mich natürlich es so gut geschafft zu haben. Es haben sich keine physischen Probleme ergeben und ich habe mich gut unter Kontrolle gehabt, es nicht zu übertreiben. Der fast seit meiner Tour permanente leichte Fersenspornschmerz, hat sich auch nicht verschlimmert. Das Problem beim Fersensporn ist ja nicht das laufen an und für sich, sondern das „anlaufen“ nach der Pause. Hier fühlen sich die Fersen oft fünf bis zehn Minuten lang an, wie wenn man nackten Fusses über Scherben laufen würde. Diese Schmerzen sind höllisch und manchmal zwingt es mich nach ein paar Minuten abzusitzen um den gröbsten Schmerz verschwinden zu lassen. Danach fühlen sich die Füsse beim laufen meist an wie wenn gar nichts gewesen wäre. Eigenartige Sache das Ganze!
Ich freue mich natürlich auch sehr darauf, dass in ein paar Tagen Oppdal erreicht ist und Anja zu mir stossen wird. Auf diese Zweisamkeit freue ich mich ganz besonders und auch die zwei Wochen nicht jeden Tag an die Tour zu denken.
Und ich freue mich sehr hier in Trondheim Liz und Ben zu treffen, mit welchen ich seit Wochen Kontakt habe. Sie sind vor mir am Nordkap gestartet und hatten auf ihrer Tour so ziemlich das pure Gegenteil an Wetterglück und Verhältnissen. Schnee am Nordkap, Dauerregen und Mückenhölle in der Finnmark, gesundheitliche Probleme und dann noch ein Wasserschaden Zuhause in der Heimat. Die beiden haben mir schon richtig leid getan und ich hätte ihnen noch so gerne etwas von meinem Glück vorausgeschickt. Irgendwann kam der Zeitpunkt wo sich die beiden entschieden haben abzubrechen und nach Hause zu gehen. Was hätte ich besser verstehen können und ich versuchte sie auch zu ermutigen, nächstes Jahr wieder weiterzumachen, ein Stück mehr anzuhängen.
Ja und jetzt sind sie in Trondheim und es passt gerade um uns noch persönlich zu treffen.

Vielen herzlichen Dank euch beiden, es war echt Klasse euch kurzfristig doch noch treffen zu können. Und meinen absoluten Respekt habt ihr, für das was ihr geleistet habt und ich drück euch sowas von beide Daumen und die grossen Zehen dazu, dass ihr das Glück von mir (2015) beim zweiten Teil habt!
Gerade Trondheim, ist natürlich keineswegs Erholung für die Nerven. Doch ich war schon lange nicht mehr hier und wenn ich schon pilgere, dann will ich bei Olav mal in die Bude gucken, vielleicht stösst er mit mir noch auf meine Pilgerei mit an.





Heiliger Strohsack, der gute Kerl wohnt aber gar nicht so übel. Unglaublich wieviel Extras dass da so verbaut wurden. Kein Wunder hatte die Baufirma satte 300 Jahre um das Appartement fertigzustellen. Wäre also auch mit etwas weniger gegangen, nicht?
Überall laufen rotgewandete Jünglinge durch den Dom. Ich frag mal einen ob denn der Olav anzutreffen sei…doch dieser sieht mich etwas erstaunt an und sagt, er sei gerade ausser Haus, aber er komme zur Abendandacht zurück… Soso? Naja ich lächle ihn an…wahrscheinlich meinen wir nicht denselben Olav! Na gut, der Olavschrein ist überfüllt mit Olavianern/innen und so verlasse ich dieses edle Haus wieder. Nicht ohne einem süffisanten Lächeln, wenn ich all die Spendenplakate für die Renovationen des Doms sehe und dabei denke, wieviel irdischer Schotter dieser Verein so auf seiner Bank im Vatikan hätte. Da könnte man wohl ein paar Dome mehr damit bauen.
Tag 68 / Trondheim-Øysand

Für mich geht es am nächsten Tag wieder weiter, raus aus der Stadt und nun auf dem wohl bekanntesten der Olavswege, dem Gudbrandsdalsleden. Dieser Weg wird gemeinhin als DER Olavsweg tituliert, welcher von Oslo nach Trondheim führt.
Noch einmal schaue ich schnell bei Olav vorbei, aber der hat zu viel zu tun.


Doch zuerst muss ich mal aus der Stadt raus und das stellt sich als ziemlich kompliziert heraus!
„Lasse niemals Gaia GPS eine automatische Routenwahl aus einer Stadt heraus berechnen! Ich weiss nicht ob das Tool auch Gartenwege impliziert hat, aber in drei Vorgärten stehe ich schlussendlich ohne weiterzukommen!“
Irgendwann hab ich einen dicken Hals und laufe einfach der Nase nach und siehe da….geht doch.


Schnell bin ich draussen und ein wunderschöner Waldweg führt mich aus der Agglomeration hinaus. Doch irgendwie finde ich die Markierungen des Pilgerwegs sehr, sehr dürftig und kaum erkennbar. Hier wo es noch viele sonstige Wege hat, verfranze ich mich andauernd. “Heiland, können die hier nicht mal anständige Wegweiser aufstellen?“, langsam werde ich säuerlich.
Ich betrachte immer wieder die Fussabdrücke am Boden und bemerke plötzlich, dass die alle entgegengesetzt verlaufen. Jetzt fällt auch bei mir der „Zwanziger“! Na klar, der Olavsweg ist natürlich eine Einbahn. Niemand pilgert von Trondheim südwärts, ausser vielleicht ein Atheist der sich entpilgern will. Alle laufen nur in eine Richtung, zum Nidarosdom nach Trondheim und deswegen ist der Weg auch nur nordwärts gut sichtbar markiert. Jedesmal wenn ich nun an eine Weggabelung oder Abzweigung komme drehe ich mich um und…voila, der Weg ist perfekt markiert! Ein grosser Schmunzler ist fällig, da muss man auch zuerst drauf kommen.





Der Pilgerweg ist ein einziger Traum und das erst noch bei Kaiserwetter. Und nun kommen mir ab und zu auch vereinzelt Pilger/innen entgegen, wobei die „/innen“ eine deutliche Überzahl haben. Männer sind eher wenige zu sehen.
Die Reaktion der Entgegenkommenden ist allerdings immer lustig. Alle möchten mich gleich darauf aufmerksam machen, dass ich in die falsche Richtung laufe. Mit meinem Rucksack halten mich die meisten wohl auch für einen Pilger.



Bevor ich an mein Ziel, dem Øysand Camping am Gaulosenfjord komme, mache ich noch einen Abstecher nach Klett zum einkaufen. Dieser Abstecher führt mich leider nach diesem herrlichen Tag wieder an eine Hauptstrasse heran, dieses Mal an jene nach Åndalsnes. Auch trotz Fussgängerweges nervt mich dieser höllische Verkehr gleich noch mehr!



Endlich komme ich am Camping Platz an, wo ich eine Hütte beziehe.



Die Saison ist definitiv vorbei und es hat kaum Leute auf dem Camping. Einzig ein deutsches Paar mit grossen Rucksäcken und angehängten Jakobsmuscheln läuft auf mich zu. Wir reden kurz miteinander und sie erzählen, dass sie vor einem Monat in Oslo gestartet sind und nun noch zwei Tage bis ans Ziel, dem Nidarosdom in Trondheim, haben. Beide erzählen, dass die letzten Kilometer ein riesiger Umweg waren, weil grossflächig Wald abgeholzt wird. Der Weg wurde fast fünf Kilometer umgeleitet und das für die nächsten zwei Wochen. Mmh…das passt mir jetzt gerade gar nicht in den Kram, denn ich habe für morgen zwei Etappen zusammengelegt und bis Oppdal ist alles durchgebucht in den Herbergen. Die Etappe morgen ist schon fast 37 Km und da noch mehr draufpacken, das will ich definitiv nicht. 35 Km sind bei mir schon oberste Grenze und 40 Km eine klare, rote Linie! Alle Alternativwege zeigen mehr als 40 Km an und zwei Tage zu machen ist nicht möglich. Das ist nun halt der Nachteil, wenn man zu weit voraus plant, aber die Pilgerherbergen sind halt immer noch gut besucht.
Zelt versus Haus
Wer dem Tourbericht schon länger folgt, hat sich sicher schon gefragt warum ich überhaupt ein Zelt bei mir habe und das nicht auch nutze, wenn ich fast permanent schönes Wetter habe.
Gute Frage! Es steckt auch eine Absicht drin, die mir zwar nicht wirklich wichtig ist, aber die mittlerweile auch Spass macht um dran zu bleiben.
Ich hatte vor Jahren mal die nicht wirklich ernst gemeinte Idee: „Wäre es möglich NPL ohne Zelt zu laufen und immer unter einem Dach zu übernachten“. Corona sei Dank, hatte ich wirklich die unnütze Zeit wochenlang eine Planung zu machen, zu recherchieren und mich quarantänemässig in das Thema einzuarbeiten. Und siehe da, bis auf vier Nächte wäre es tatsächlich möglich! Ich habe nicht einfach nur irgendwelche Hütten genommen, auf die man wahrscheinlich eh keinen Zugriff hätte, sondern nur realistische Unterkünfte mit Adressen und allfälligen Telefonnummern eruiert. Natürlich ist es eher utopisch Norge på langs nur mit einem „Tagesrucksack“ zu laufen, ohne Ausrüstung und nur für den Notfall mit Zelt ausgerüstet. Doch genau aus dieser „spinnerten“ Idee heraus, habe ich mich bei NPL 2024 für ein Leichtgewichtszelt entschieden, damit ich nicht zu viel unnötiges Gewicht rumschleppe.
Mittlerweile übernachte ich fast nur noch in Unterkünften und bin sehr überrascht und auch erfreut, wie entgegenkommend die Besitzer mit NPL-Läufern auch preismässig umgehen. Hinzu kommen spontane Gratisessen, Waschmöglichkeiten und sonstige Annehmlichkeiten.
Für mich ist aber der weitaus grösste Vorteil, ich „vergeude“ keine Zeit am Morgen und kann erholter und effektiver unterwegs sein. Aufstehen, frühstücken, packen und in 30 Minuten bin ich weg. Das Gepäck ist trocken, meine Kleider sind trocken und geschlafen habe ich zu 95% besser, obwohl ich Zeltnächte auch sehr mag.
Natürlich fühle ich mich in einer schnuckeligen DNT- oder Statskoghütte deutlich wohler und geniesse diese Unterkünfte deutlich mehr. Und wer weiss, vielleicht schaffe ich ja mit dieser Tour meine 200. DNT Hütte, ein paar kommen ja noch!
Doch mein Problem bleibt. Eine Ausnahme gibt es, wenn ich mich morgen sechs Kilometer westlich verschiebe, dann kann ich via einer Seitenstrasse zum Pilgerweg gelangen und die Etappe wird dann „nur“ 35 Km. So mach ich’s!
Tag 69 / Øysand-Gumdal gård

Der Morgen erwacht noch mit ein bisschen Nebel, aber schon bald zeigt sich mir wieder blauer Himmel. Die Strasse ist etwas lästig, da voller Leitplanken, aber einigermassen machbar.
Als ich bei Eggkleiva endlich auf die Hochebene komme, liegt der See Laugen, wie ein Spiegel vor mir.


Nach drei weiteren Strassenkilometer erreiche ich den Ort Skaun. Eine wunderschöne Pilgerkirche prägt das Ortsbild und für mich nicht unwichtig…ein Coop. Hier besorge ich mir frische Brötchen, Schokoladendrinks und das Nötige für heute Abend zum essen. Es hat schon definitiv Vorteile wenn man täglich einkaufen, sich unterwegs verpflegen kann. Mein Proviantsack ist schon seit Tagen praktisch leer und mein Rucksack um das auch leichter.


Der Pilgerweg ist schon auf seinen ersten Kilometern ein wahrer Traum. Wunderschön über Wiesen und durch Wälder, einfach zu gehen und mit schönsten Aussichten.





Bei c.a. der Hälfte des Weges befindet sich der Pilgerstein auf welchem Namen eingeritzt sind, die schon einige hundert Jahre alt sind. Auch jene Namen von den jüngeren Königskindern befinden sich drauf.


Kurz nach dem Stein befindet sich ein wunderschöner Picknickplatz am See Midtskogsvatnet.



Ich kann mich kaum satt sehen an dieser Naturperle hier. Dies ist mit Abstand der schönste Pilgertag bisher, ein wahrer Wandergenuss.


Immer wieder hat es auch einfach Übernachtungsmöglichkeiten für die Pilgergemeinschaft. Einfache, offene Hütten, Gapahuks oder auch ausgewiesene Zeltspots.
Ich habe mir für heute eine Pilgerherberge ausgewählt. Gumdal gård.



Kjell Olav begrüsst mich schon von weitem überaus freundlich. Hier haben natürlich auch Nichtpilger Zugang und sind herzlich willkommen. Er weist mir eines der beiden Häuser zu, wo es ein grosses Wohnzimmer mit Küche hat und im Obergeschoss vier Einzelzimmer. Dusche, Wc und Bettwäsche gehören dazu und der Kühlschrank ist voller Colas, alkoholfreiem Bier und Orangesodas. So kann ein wunderschöner Wandertag perfekt zu Ende gehen.
Die beiden Häuser füllen sich heute mit 16 Pilger/innen aus ganz Europa. Am Abend sitzen wir noch gemütlich zusammen und es ist lustig, wie sich diese Gesellschaft doch anhört, wie wenn es NPL-Wanderer wären. Alle haben den fast gleichen Weg, das gleiche Ziel, Wünsche, Träume, sind seit Wochen fast immer zusammen, oder man trifft sich am Abend in der Herberge. Eine kleine verschworene Gemeinschaft, in der Freundschaften, ja scheinbar sogar viele Liebschaften entstehen. Die Gespräche sind fast die gleichen wie auf Norge på langs. Es dreht sich um Ausrüstung, Wetter, das Leben, der Sinn vom Ganzen. Eine friedliche Gemeinschaft!
Natürlich interessieren sich alle für die noch längere Wanderung von mir und können kaum glauben dass man durch das ganze Land laufen kann. Alle wissen wie anstrengend die Tage auch sein können. Mittlerweile sind ja die meisten schon einen Monat unterwegs und haben einen Rucksack voller Erlebnisse mit an Bord. Aber egal ob NPL oder Olav und egal wie weit man tatsächlich läuft und wie schnell. Der Weg bleibt das Ziel und die Zeit unterwegs das Wertvollste überhaupt.


Tag 70 / Gumdal gård-Ry

Die Pilgergemeinde schläft noch als ich mich auf die Socken mache. Heute könnte der Tag ein längerer werden, denn mein Gaia Tracking offenbart mir 35.7 Km. Seit Beginn der Tour, habe ich aber immer wieder festgestellt, dass es noch einen oder eineinhalb zusätzliche Kilometer geben könnte.




In Meldal lege ich einen Halt ein, um mein zweites Frühstück…oder ist es eher mein Mittagessen…einzunehmen. Immerhin verschwindet ein ganzes, frisch grilliertes Poulet in meinem Bauch. Dringend benötigte Energie, denn der Tag ist noch lang.





Über Wiesen und Felder schleicht sich der Pilgerweg dahin. Nach 30 Kilometer entscheide ich mich via den Ort mit dem wunderschönen Namen Å zu gehen. Dort gibt es einen Laden und ich sollte noch was einkaufen und meine Batterien aufladen. Es ist noch nicht Feierabend.




Naja, an meinen Rekord aus 2013 mit 72 Kilometern komm ich nicht heran, aber zumindest habe ich es vor die rote Linie (40 Km) geschafft.
In Ry empfängt mich Marie Stene herzlich und übergibt mir ihr „Clubhaus“ zur freien Verfügung.





Marie Stene hat hier im Niemandsland, abseits der grossen Wege, ein wahres Paradies aufgebaut. Man spürt ihre Liebe zum Detail, ihre Freude am Umgang mit Gästen. Hier empfängt den Gast eine ganz grosse Herzlichkeit. Tusen takk für den schönen Aufenthalt Marie Stene!
Tag 71 / Ry-Havdal

Nach den 39 Kilometern gestern, bin ich nicht unglücklich, dass es heute nach Plan, „nur“ deren rund 22 geben soll. Und wahrscheinlich kann ich das Ganze sogar noch etwas kürzen, da der Pilgerweg deutliche Umwege hoch und runter macht.







Als ich nach der Pause in Rennebu weiterziehe, verspüre ich einen immer heftiger werdenden Schmerz im linken Schienbein….öha! Das war gestern nun doch wohl zu viel des Guten. Zum Glück ist es nicht mehr weit bis zum Tagesziel und ich weiss ja mittlerweile wie damit umzugehen ist. Doch kommt auch Ärger auf in mir. Ich spüre dass mein Ehrgeiz wohl seit Trondheim mit mir durchgeht. Einen Ruhetag mehr, wollte ich auf dieser Strecke von fünf Tagen einmarschieren und dazu habe ich die Etappen gestreckt. Dabei weiss ich ja haargenau, dass sich das fatal auswirken kann!





Nach rund einer Stunde, pausiere ich länger und kühle mein Schienbein im kalten Wasser ab. Dann gehörig Voltarensalbe drauf und ein halbes Algifor Schmerzmittel und weiter geht’s.




Dann stehe ich mitten im schönsten Wald und sollte eigentlich vor dem Havdal Gjesteheim stehen. So zumindest zeigt es meine Tourplanung auf Gaia GPS an. Hat der Martin da wohl was falsch im Gaia hinterlegt? Google Maps eröffnet mir ziemlich trocken und hart: JA! Es fehlen noch weitere sieben Kilometer!
Nee, ausgerechnet heute, muss das sein? Gut kann mein Schienbein nicht sprechen, aber es gibt mir anderweitig zu verstehen dass ich ein ziemlicher Depp bin! Ich versuche es damit zu beruhigen dass es somit morgen nicht 32, sondern nur noch 25 Km sein werden.

Das Havdal Gjesteheim war eine alte Schule und wurde vor 18 Jahren von einem holländischen Paar gekauft und umfunktioniert. Der Service hier ist 1a und lässt die alten Gemäuer schnell vergessen. Die Kleider kann ich dem Chef zum waschen geben, am Morgen gibt es frisch gepressten O-saft und Eier in allen Formen und Farben. So startet der Tag perfekt!
Mein Bein hat allerdings noch nicht genug Ruhe gehabt und protestiert schon auf den ersten Kilometern. Es ist dieser hässliche Schmerz, den ich 2013 tage- sogar wochenlang ausgehalten habe. Ich bin gerade ziemlich angefressen von der Situation, denn es wäre Klasse zum laufen und meine Aussicht ist wunderschön.






Vis a vis ist mittlerweile der Forollhogna National Park präsent und in der Ferne sehe ich unter Wolken, Teile der Schneekappe der Snøhetta.



Trotz deutlich langsamerem Tempo und mehr Pausen, wird die Situation eher schlechter als besser. Es sind dieses Mal aber definitiv nicht die Bänder, sondern ein Punkt am Schienbein zeigt, dass die Knochenhaut entzündet ist. Naja, wenn ich die letzten 15 Tage anschaue, einem Tagesdurchschnitt von rund 30 Km und mehr, kann und darf ich mich nicht beklagen wenn es jetzt mal gröber zwackt. Ich habe dies schon viel früher vermutet und bin jetzt wohl einfach etwas zu übermütig geworden.
Ich kämpfe mich noch satte 21 Kilometer bis vor Oppdal durch und als die Asphaltstrasse beginnt, gebe ich für die letzten vier Kilometer forfait. Ich habe zu hinken begonnen und das wirkt sich auf alles andere aus. Daher, Verstand vor Ehrgeiz!
Mein Programm für die nächsten drei Tage wäre gesetzt gewesen. Morgen Sonntag das Teilstück von 20 Kilometer der Strasse entlang von Oppdal nach Lønset und mit dem Bus zurück. Montag Ruhetag und die Ankunft von Anja und am Dienstag dann endlich wieder Richtung Fjell, nach Trollheimen. Dies mit dem Bus zurück nach Lønset und von dort wieder zu Fuss zur Bårdsgarden DNT Hütte.
Nun ist aber völlig klar dass ich den Reservetag morgen zur Erholung einsetzen werde. Das asphaltierte Teilstück nach Lønset hoch streiche ich aus dem Programm. Dies würde die ganze Sache nur deutlich verschlimmern. Das bedeutet, dass ich jetzt fast drei Tage Zeit habe, mein Bein stillzusetzen und ihm die volle Erholung gönnen kann.
Ich hatte bis jetzt ein unglaubliches Glück auch mit meiner Gesundheit! Ich freu mich sehr auf das was jetzt noch kommt und setze all meine Energie und den Verstand dafür ein. Da gehören halt ab und zu auch Kompromisse dazu.
Mittlerweile ist der Herbst auch bei mir angekommen und die Bäume und Gräser verfärben sich. Die Nächte sind kühler und nun definitiv spürbar länger. Mittlerweile kommen aus dem ganzen Land schon Meldungen und Bilder von Nordlichtern. Es scheint dieses Jahr früh los zu gehen und wenn ich Glück habe, so wird das eine Tour mit Mitternachtssonne und Polarlichtern.
Nach 15 Tagen und 435 Km, hat sich’s nun definitiv ausgepilgert auf Norge på langs! Es war ein interessantes Experiment und es hat auch funktioniert. Besser als ich angenommen habe. Wie bei allen neuen Sachen hat es Vor- und Nachteile gehabt. Vorteil war sicher, dass ich um die ganze Matscherei im Blå- und Skjækerfjell herumgekommen bin. Gerade mit all dem Regen der letzten zwei Wochen wäre das kein Vergnügen gewesen. Aber sicher, ich hätte es mir anders gewünscht, dafür bin ich zu gerne im Fjell. Ein nicht unwesentlicher Vorteil war auch, dass sich mein Gewicht wieder etwas erhöht hat dank dem permanenten Zugriff auf Lebensmittel. In Røyrvik hatte ich schon etwas Bedenken, da ich sicher schon 5-6 Kg abgenommen hatte und das ist auf halbem Weg schon relativ viel. Und ich konnte relativ leicht unterwegs sein, da mein Proviantsack praktisch leer war.
Der grösste Nachteil waren sicher die vielen Strassenkilometer. Es gibt halt definitiv nichts dooferes als diesen Asphaltpisten entlang zu gehen und permanent, zu 100%, auf den Verkehr konzentriert zu sein. Zum Glück waren es viele Nebenstrassen. Auffällig war aber definitiv, dass heute auf den Nebenstrassen etwa soviel Verkehr herrscht wie 2013 auf der E6! Die E6 ist heute eigentlich tabu für Fussgänger. Der Verkehr ist absolut monströs und nicht mehr kontrollierbar.
Doch jetzt schlage ich ein neues Kapitel auf und wenn meine Entzündung will, auch ein schmerzloses!
Es folgt das nächste Kapitel: Duett in Trollheimen und Reinheimen