100 Tage zum Start


Kaum zu glauben wie die Zeit rennt und wäre es gerade gestern gewesen, habe ich den gleichen Titel vor genau 4059 Tagen oder einfacher gesagt, vor 11 Jahren 1 Monat und 13 Tagen in diesen Blog geschrieben! Nun ist es also wieder soweit und die Uhr tickt immer schneller, bis zum Start am Slettnes Fyr auf der Nordkinn Halbinsel, exakt zur Sonnenwende am 21.Juni um 0.00!

Es ist wirklich eine spannende Geschichte, mitzuerleben, wie sich die Zeiten geändert haben, wie ich mich in dieser Zeit verändert habe, wie sich grundsätzlich alle Voraussetzungen verändert haben. Nur der Titel ist gleich geblieben. Als wäre es gestern gewesen, erinnere ich mich noch bestens an diese Zeit zurück, an die grosse Unbekannte die da auf mich wartete im hohen Norden.

100 Tage zum Start sind nun auch ein Zeitpunkt, um zu schauen wo ich stehe, was noch zu tun ist und wie sich meine Erwartungen entwickelt haben.
Natürlich spüre ich auch jetzt schon wieder ein Kribbeln und bin wahnsinnig gespannt, wo mich diese Reise schlussendlich hinführt. Deutlich verändert hat sich mit Sicherheit mein Fokus auf das Ziel. Ja, natürlich, es wäre toll und erfreulich, wenn ich im Oktober Kap Lindesnes erreichen würde. Doch die Wichtigkeit, dieses geographische Ziel zu erreichen, ist deutlich kleiner als jene des Erlebens auf meinem Weg.

Soriuspass 2023

Je näher der Tag des Starts am 21.06. kommt, umso mehr spüre ich, wie sich die Voraussetzungen, die Wünsche, die Einstellung gegenüber der Tour verändert haben im Vergleich zu 2013. Es wird spannend sein, wie sehr mich diese Tatsache auf der Tour beeinflussen wird, wie sehr mich diese Veränderungen mittragen werden.

Es war für mich schon sehr beeindruckend und hat mich sehr berührt, wie viele positive Feedbacks ich auf meine Ankündigung bekommen habe. Das große Interesse an der Tour selber, die Motivation es nochmals anzugehen, haben auch sehr viele Fragen aufgeworfen. Gerne werde ich mich der einen oder anderen Frage auch hier im Blog annehmen und versuchen sie zu beantworten.

Tourplanung: Meine Ankündigung im ersten Post zu NPL 2024, möglichst wenig zu planen, was die Strecke angeht, hat viele Fragen aufgeworfen. Ich hatte immer irgendwo in meinen Hinterkopf, mal ganz ohne Planung loszulaufen, einfach zu erleben, was der Tag bringt, wohin mich mein „Weg“ führt. Es wäre sehr interessant gewesen, am Schluss der NPL-Tour zu sehen, wie mein Weg durch das Land verlaufen wäre. Doch es ist klar, dass dieses Vorhaben unendlich viel Zeit benötigen würde, um alle Eventualitäten und Misslichkeiten ausstehen zu können. Unter fünf Monaten wäre dies wohl nicht möglich gewesen, und da mein Zeithorizont 2024 vier Monate beträgt, kommt ein solches Unterfangen nicht in Frage. Doch habe ich mir vorgenommen, an der einen oder anderen Stelle der Tour mir diese Freiheit zu geben, genau dies umzusetzen.
Dies setzt natürlich auch voraus, dass ich akzeptieren kann, dass diese Tour vielleicht nicht am Kap Lindesnes ankommen wird, oder dass es aus zeitlichen Gründen einen Gap dazwischen geben könnte. Lange habe ich mit mir gerungen und schlussendlich gemerkt, dass mich dies überhaupt nicht negativ beeinflusst, sondern vielleicht eher noch mehr anspornt, es wirklich zu schaffen. Und falls es dann doch nicht ganz klappt, werde ich wohl auf der Tour mehr erlebt haben, als wenn ich mich gezwungen hätte, diese einfach nur durchzulaufen!

Ich habe mir 2024 vorgenommen, keine Depots mehr zu machen und meinen Proviant unterwegs zu besorgen. Pakete aus dem Ausland nach Norwegen oder Schweden zu senden, ist mittlerweile ein reiner Nervenkrieg und man ist permanent der Tatsache ausgeliefert, ob der Zoll und die Post da mitmacht oder nicht. Mittlerweile ist die Grundversorgung auch deutlich besser geworden und hinzu kommt, dass mit den digitalen Möglichkeiten und der immer grösser werdenden Mobilfunkabdeckung, Informationen einfacher zu bekommen sind. Auf der Nord-Süd Variante von NPL, starte ich am Tag des Ferienbeginns im Norden und werde daher bis zu den Herbstferien Anfangs Oktober, praktisch immer vollumfänglich geöffnete Infrastrukturen vorfinden.

Da ich keine eigentliche Tagesplanung für NPL mache (die ja meist schon nach der ersten Woche Makulatur ist, aus was für Gründen immer), habe ich meine Tour in vier Abschnitte eingeteilt:

  • Abschnitt 1 (die Herausforderung): Es wird der anspruchsvollste und „wildeste“ Teil der ganze Tour sein und auch einer, auf den ich mich wahnsinnig freue! Der Start am Slettnes Fyr wird zuerst mit vielen Strassenkilometer eröffnet, bevor ich mich Richtung Gaissane, einem der höchsten Gebirgszüge in der Finnmark, aufmache. Bisher kenne ich die Finnmark Ende Sommer und im Herbst und weiss, wie einfach und wunderschön diese Landschaft zum „Off Track“ wandern ist. Jetzt im Frühsommer kann sich diese Hochebene aber auch deutlich anstrengender zeigen. Mit dem Klimawandel haben sich die letzten Schneefälle um fast einen Monat nach hinten verschoben. Der Schnee wäre allerdings noch das kleinste Problem, anspruchsvoller werden die Schmelzwasserbäche werden. Ob eine Durchquerung der Gaissane möglich sein wird, wird sich erst vor Ort zeigen und daher habe ich hier alle Pläne offen gelassen. Wird es nicht funktionieren, kann ich sehr gut auf der Strasse nach Lakselv laufen. Die Strasse im Norden ist deutlich angenehmer als im Süden, da es meist sehr wenig Verkehr hat und man problemlos auch neben dem Asphalt laufen kann.
    Auf die Gaissane folgt gleich Stabbursdalen und nach Alta das Nábár-Hochplateau. Trotz sehr viel Einsamkeit und wenig besiedeltem Gebiet, hat es genügend gute Möglichkeiten um Proviant aufzunehmen und so auch möglichst leicht unterwegs zu sein.
    Der Start und die ersten rund drei Wochen bis ins finnische Kilpisjärvi, werden geprägt sein, durch die enorme Weite der Finnmark, vielen Kilometern auch „Off Track“, rauen Wetterbedingungen und wahrscheinlich auch anspruchsvollem Terrain.
Nábár 2015
  • Abschnitt 2 (die altbekannten Schönheiten): Der zweite Abschnitt wird für mich wie ein „nach Hause kommen“ sein und beinhaltet vor allem Gegenden, die ich schon fast auswendig kenne und vor allem auch liebe! Die wunderschöne Strecke durch die beiden National Pärke: Øvre Dividal und Rhonkunborri, habe ich schon dreimal, auch in beide Richtungen, erwandert und bin schlicht begeistert von diesen unglaublich schönen Landschaften! Nach einem kurzen Stop Over in Narvik, werde ich mich auf den Weg in mein geliebtes Narvikfjell machen. Die kürzeste Strecke nach Sulitjelma, wird mich via Ritsem und dem schwedischen Padjelanta National Park führen. Sind die Bedingungen und das Wetter gut, werde ich mir hier den Umweg über die Nordlandsruta/Nordkalottleden und den Gränselden nach Ritsem gönnen. Immer noch auf meiner Wunschliste ist die Überschreitung des Ghitsejiegna Gletscherrücken und das Bjørntoppen von Pauro nach Røysvatn. Danach wird in aller Voraussicht auch der Padjelanta folgen.
    Wie immer stellte sich auch bei mir wieder die Frage nach dem Rago National Park. Mittlerweile habe ich soviel darüber gehört und auch viele Bilder gesehen, dass ich mir dieses Schmuckstück definitiv für eine eigene Tour aufsparen möchte. Einfach nur möglichst schnell durchzulaufen ist erstens nicht ganz einfach und zweitens sehr schade! Eine kleine Option behalte ich mir aber offen und zwar dann, wenn das Wetter perfekt ist und auch wenig Schnee in den norwegischen Bergen liegt. Dann würde ich eine östliche Durchquerung von Rago, entlang der beiden grossen Seen Vaste- und Virihaure ins Auge fassen. Hier ist das Gelände deutlich weniger gebirgig, hat aber grosse Wasserzuflüsse zu den Seen und daher fraglich, wie gut dies zu begehen sein werden. Das wird noch weiter abgeklärt!
    Von Sulitjelma, werde ich westwärts ins Saltfjellet traversieren und via Polarkreis nach Umbukta wandern.
Saltfjell 2018
  • Abschnitt 3 (Improvisation im Fjell): Dieser Abschnitt wird von viel Improvisation geprägt sein. Mit dem Oksskolten im Okstindan Gebirge, habe ich immer noch eine Rechnung offen nach 2013 und 2015. Beide Male war eine Besteigung nicht möglich….mal sehen! Mit Sicherheit wird auch das Børgefjell auf dem Plan stehen und dieses Mal, versuche ich auch westwärts den See Namsvatnet zu umgehen. Dies wird so spät im Sommer deutlich besser machbar sein, als bei der saisonal früheren Süd-Nord Variante mit deutlich mehr Schmelzwasser. Zusätzlich habe ich auch eine super Tipp bekommen, Danke Johannes! Das Blåfjell werde ich ebenfalls deutlich westlicher durchqueren, da die grossen Sümpfe und Moore (hoffentlich!) deutlich trockener sein werden um diese Jahreszeit. Mitnehmen möchte ich sicher Gaundalen Fjellgård um dann via Skjækerhatten über den ganzen Gebirgszug südwärts, entlang dem Skjækerdalen National Park zur Ferslia DNT Hütte zu gelangen. Die Ferslia Hütte, welche 2013 eine unglaublich grosse Rolle gespielt hat und schlussendlich auch irgendwie ein Schicksalsort für meine NPL Wanderung 2013 war. Ab hier wird auch die Frage des Proviant mittragen eine deutlich angenehmere Seite annehmen, denn auf diesem Breitengrad Norwegens, beginnen die DNT-Selbstbedienerhütten mit Provianträumen und die Infrastruktur mit Dörfern und Einkaufsmöglichkeiten mehren sich von Tag zu Tag.
    Der Weiterweg führt mich dann ins schwedische Storlien, bevor mir eine lange Westdrift in der Tour bevorsteht, die mich in die Nähe von Trondheim bringen wird. Hier wird es dann sicher auch abschätzbar sein, ob eine Ankunft Mitte Oktober am Kap Lindesnes möglich sein wird oder nicht.
Skjækerhatten 2015
  • Abschnitt 4 (die grossen National Parks): Wenn einigermassen alles rund läuft und ich gut vorwärts gekommen bin, sollten mittlerweile rund 75 Tage der Tour hinter mir liegen. Für mich wird es einen einzigen Fixpunkt auf der Tour geben, nämlich dann, wenn die Ferien beginnen 😉 Richtig gelesen, ich werde wohl der erste sein, der sich einen Urlaub auf NPL eingeplant hat! Anfangs September wird meine Freundin Anja nach Trondheim reisen und wir werden dann gemeinsam für rund zwei Wochen südwärts ziehen. In diesem Zeitraum, wird einzig der Kurs Richtung Süden an meine NPL-Tour angelehnt sein. Weder die Anzahl der Kilometer noch die Geschwindigkeit werden eine Rolle spielen….ich habe dann Urlaub und geniesse Wanderferien in Norwegen!
    Auf dem letzten Abschnitt kann nun etwas stattfinden, was auf der Süd-Nord Variante nur in seltenen Ausnahmefällen möglich ist, die Durchquerung der westlichen National Parks von Südnorwegen. Beginnend mit Trollheimen (kein N.P.), schramme ich am Dovrefjell-Sunndalsfjella vorbei Richtung Jostedalsbreen und Reinheimen. Über Breheimen werden die Berge immer höher und es kündigt sich Jotunheimen an. Mit dem kleinen Skarvheimen National Park, steht unmittelbar danach die grösste Hochebene Europas an, dem grössten National Park Norwegens, der Hardangervidda. Soviel Schönheiten bedeuten aber auch sehr viel Schweiss, denn in drei Wochen sind locker mal so an die 25`000 Höhenmeter angesagt. Aber die Wege sind gut und das Gepäck wird leicht sein, da es praktisch jeden Tag möglich ist, auf einer Selbstbedienerhütte des DNT mit Proviantraum zu übernachten, oder sogar in bedienten Hütten oder Herbergen am Wegrand.
    Dass Ziel wird sein, solange wie möglich im Fjellkontakt zu bleiben, um die restlichen Strassenkilometer bis zum Ziel am Kap Lindesnes zu minimieren.
Kap Lindesnes 2013

Soviel zur Theorie….die Praxis wird mich sicher wieder eines besseren belehren! Aber das gehört zu so einer Tour auch dazu und ist schlussendlich auch die Würze des ganzen Abenteuers. Umso schöner und angenehmer wird es sein, wenn das Hauptziel kein sturer Punkt auf einer Landkarte ist, sondern das Erlebnis, die Freude und das Glück draussen sein zu können und mit der Fauna und Flora durch den Frühling, Sommer und den Herbst ziehen zu dürfen.

Ich freu mich!

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