1 Jahr später…


Lindesnes Fyr 6.Oktober 2024

Mittlerweile ist es etwas mehr als ein Jahr her, seit ich in Lindesnes am Leuchtturm angekommen bin…Wahnsinn!

Es fühlt sich an wie wenn es gestern gewesen wäre und doch irgendwie, wie wenn es schon sehr lange her ist. Die Zeit verrinnt und läuft unaufhaltsam vorwärts, aber die Erinnerungen bleiben.

Was ist geblieben? Wie fühlt es sich heute an? Diese Fragen sind auch nach dem zweiten Mal kaum in Worte zu fassen. Je länger ich darüber nachdenke, je tiefer ich in die Erinnerungen einsteige, umso emotionaler wird es und die Melancholie packt mich am Schopf.
Wider erwarten sind all die Erinnerungen von 13/15 noch so präsent wie vorher. Die Tour 2024 hat sich in diese illustre Runde der Erinnerungen miteingefügt und alles hat sich zu einem grossen Ganzen vereint. Jeden einzelnen Tag der 228 Tage auf Tour könnte ich heute nacherzählen, praktisch jede Aktion aus den Vorbereitungen, die endlosen Kontrollschleifen in den Landkarten, den Karten Apps, sitzt tief verwurzelt in meinem Kopf. NPL ist so präsent wie seit Beginn vor 15 Jahren.

2013 / 2024

Das Jahr nach der Tour 2024 hätte nicht überraschender, ereignisreicher und emotionaler werden können, als es schliesslich geworden ist. So viel ist passiert, unerwartetes eingetroffen und Wünsche haben sich schneller erfüllt, als man es sich vorstellen konnte. Mit Sicherheit hat dies auch dazu beigetragen, dass die Emotionen nach der Wanderung nicht Überhand genommen haben, die Verarbeitung „einfacher“ war.

Anja und ich haben uns den grossen Traum einer eigenen „DNT-Hütte“ mitten im Wald in den Alpen erfüllen können und hier leben auch unsere Abenteuer in Norwegen weiter und sind so präsent wie kaum etwas anderes in unseren Leben. NPL lebt in unseren Köpfen und Herzen weiter.

Natürlich war ich sehr gespannt, wie es für mich 2025 sein wird, wenn die ersten Läufer/innen ihre Rucksäcke auf den Rücken schnallen, die ersten Postings und Blogbeiträge im Netz erscheinen. Wieder waren Menschen unterwegs mit denen ich im Vorfeld Kontakt hatte, mit denen ich im Austausch war. Infos aus 2024 waren noch zum grossen Teil aktuell und so konnte ich den einen oder anderen Input weitergeben.

Aber wie ich schon im Vorfeld der Tour 2024 und auch danach geschrieben habe, war die letztjährige NPL-Tour für mich auch irgendwo eine Verarbeitung, ein zurückfahren der ganzen NPL- „Aktivitäten“ die ich über 15 Jahre getätigt habe. Ich war natürlich kaum so naiv daran zu glauben, dass mir das vollauf gelingen könnte! In meiner Brust schlägt halt dieses NPL Herz trotz allem weiter und die riesengrosse Begeisterung für diese Fernwanderung wird auch bis zu meinem letzten Atemzug weiterbestehen bleiben.
Doch ich hatte die Entzugserscheinungen ganz gut im Griff und es hat riesig Spass gemacht, immer wieder auf die Blogs zu gucken und mit den NPLern mitzuleiden, mitzufreuen, mitzuwandern.

NPL Slideshow 2024

Meine NPL Slideshow von 2024 lief in Endlosschleife und immer wieder klickte ich durch die rund 15`000 NPL-Bilder auf meiner Festplatte der beiden Touren hinweg. Mein Plan den Blog mal auszumisten (mittlerweile hat er eine gigantische Grösse) missriet stehenden Fusses, da ich mich immer wieder dabei ertappte, in alten Blogbeiträgen rumzusurfen und in Erinnerungen zu schwelgen. Schlussendlich entschied ich mich dagegen, da der Blog schlicht die Funktion eines Albums, einer kleinen Chronik übernommen hat.

Aber natürlich waren meine Augen 2025 auch auf Norwegen gerichtet, speziell auf die Bedingungen und Verhältnisse. Beim Entscheid die Tour nochmals zu machen, war ich lange unentschlossen ob ich schon 2024 oder erst 2025 gehen wollte.
Anja und ich lernten uns gerade erst kennen, als wir schon für fünf Monate Abschied nehmen mussten, da sie ihre Tour 2023 startete. Und nun kam ich mit der grossartigen Idee, ein zweites Mal, ein Jahr später, auf NPL Tour zu gehen und so nochmals vier Monate getrennt zu sein.
Doch es gab genügend Faktoren die für eine Tour 2024 sprechen würden und so sollte es dann auch geschehen.

Schon Ende Mai 2025 gingen meine Augen immer wieder auf SeNorge um die Schneesituation einschätzen zu können, beobachtete die Webcams am Nordkinn und stellte sehr schnell fest: 2025 wird kein solcher Traumstart wie 2024 am Nordkinn möglich sein. Der Norden war so schneereich wie viele Jahre nicht mehr und entlang der geplanten Route waren die Verhältnisse alles andere als optimal.
Schon bald wurde mir bewusst, was für ein unglaubliches Glück ich 2024 eingefahren habe! Der Sommer 2025 war extrem nass mit viel Regen, aufgeweichten und tiefen Böden. Die Bäche und Flüsse gingen fast ununterbrochen hoch und Schnee lag noch bis weit in den August hinein. Dann kam die grosse Hitzewelle in der über zwei Wochen fast durchgehend immer wieder die 30 Grad Marke gebrochen wurde und daraus resultierend eine Mücken-, Bremsen-, und Fliegenplage wie es Norwegen und Schweden schon länger nicht mehr erlebt hatten. Dann schlug alles wieder um und der Regen, zum Teil sogar Schnee und Kälte, nahmen Überhand.
Schlussendlich füllte sich im Herbst die Vesthei unter grossen Stürmen mit bis zu 80 cm Schnee und orkanartigen Winden. Eine Durchquerung zu „meiner“ Tourzeit, wäre schlicht nicht möglich gewesen.
Zumindest war 2025 der Winteranfang im hohen Norden rund zwei bis drei Wochen später als die letzten Jahre, doch jetzt hat er umso mehr Fahrt aufgenommen. Zum Glück sind nun auch praktisch alle am Ziel.

Nein, beneidet habe ich die Läufer/innen dieses Jahr definitiv nicht! Aber es zeigt halt wieder mal in aller Deutlichkeit: Man kann sich noch so gut wie möglich vorbereiten, die Natur hat aber immer das letzte Wort. Entweder man hat das nötige Glück, oder man hat es nicht.
Es ist darum auch kaum verwunderlich, dass 2025 soviele Wanderer aufgeben mussten wie schon lange nicht mehr. Bei einigen war es der grosse Frust, bei permanentem Dauerregen durch den Matsch zu laufen, bei anderen spielte die Gesundheit nicht mit. Leider ereigneten sich 2025 auch drei Unfälle auf der Tour, die zum Glück glimpflich abgelaufen sind und alle Läufer/innen mittlerweile wieder heil Zuhause sind.
All jenen die diese Tour nicht beenden konnten oder wollten, drücke ich ganz fest die Daumen dass es irgendwann weitergeht und Norge på langs auch für sie ein Ende finden wird. Ich kann es nach 2015 nur empfehlen!
All jenen die die Tour trotz den schwierigen Verhältnissen beenden konnten, zolle ich meinen allergrössten Respekt und ziehe meinen Hut! Danke dass ihr uns mitgenommen habt.

Anzukommen, den Rucksack auszupacken und im Keller zu versorgen ist das eine. Das andere beginnt gleich am ersten Tag nach der Tour, die Verarbeitung. Es ist mitunter der schwierigste Teil der gesamten Unternehmung, weil schlicht und einfach nicht kalkulierbar. Jede/r reagiert anders auf das „danach“, doch alle vereint die grossartigen Erinnerungen, die tiefgehenden Emotionen und die Sehnsucht wieder raus zu gehen. Das Fjell wird Teil im Kopf, im Herz und in der Seele.

So wird es auch bei mir immer ein Teil meines Lebens bleiben und ich freue mich schon jetzt darauf, raus zu gehen, die Fjellluft zu schnuppern und den Boden unter meinen Füssen zu spüren wenn es das nächste Mal heisst: God tur i Norge!

( Demnächst erscheinen zwei weitere Artikel in meinem Blog, die von einigen Lesern angeregt wurden, danke für den Input!
– Persönliche Erfahrungen im Unterschied der beiden Touren, Süd-Nord und Nord-Süd.
– Auch wenn es schon ein Jahr her ist, meine Erfahrungen mit meiner Ausrüstung 2024.)

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