Ausrüstung 2023
Wenn man Tage- oder Wochenlang alleine unterwegs ist, hat man sehr viel Zeit um nachzudenken, Pläne zu schmieden, Ideen nachzuhängen und zu reflektieren.
Ich überlasse das Copyright für das Wort „Zeitenwechsel“ sehr gerne dem guten Olav im Kanzleramt zu Berlin, doch irgendwie scheint es auch gerade bei mir Zeit dafür und ich finde das sogar ein sehr passendes Wort.
Ein Thema, dass unweigerlich in meinen Gedanken vorkommt, ist die Ausrüstung. Wie bin ich unterwegs? Was ist mir wichtig? Was brauche ich? Was könnte ich ändern/verbessern? So war es auch 2022 im Narvikfjell wieder der Fall und hat interessante Sichtweisen hervorgebracht. Grundsätzlich sind in all den 10 Jahren Norwegen immer wieder Veränderungen im moderaten Mass an der Ausrüstung passiert. Vieles hängt zum einen mit dem Gewicht zusammen, anderes eher mit der Komfortzone, die mit dem Alter meist etwas anwächst. Aber auch die Vorstellungen der Touren ändern sich. Ich schweife gerne immer wieder vom „normalen“ Weg ab, versuche gerne etwas Neues aus und lasse mich überraschen, ob nächstes Jahr vielleicht wieder etwas anderes kommt.
Während ich über all die Touren der letzten Jahre nachgedacht habe, fiel mir ein Punkt immer wieder auf. Obwohl ich es liebe in einem Zelt zu liegen, das „Draussen sein“ noch mehr zu geniessen, das ganze drumherum zu erleben, habe ich das in den letzten Jahren immer weniger gemacht. Natürlich hat auch das Wetter eine Rolle dabei gespielt und campieren wenn es draussen „Katzen hagelt“…., diese Zeiten sind definitiv vorbei bei mir, das habe ich zur Genüge gemacht.
Aber natürlich gibt es Faktoren, die mich anderweitig vom campieren abgehalten haben, als nur das Wetter. Ich plane seit jeher aus Sicherheitsgründen prinzipiell meine Touren von Hütte zu Hütte (wo das möglich ist!). Hinzu kommt, dass ich die DNT- und Statskoghütten in Norwegen über alles mag und ich mich jedes Mal riesig freue, wenn ich wieder auf eine „neue“ Hütte treffe. Oftmals steckt viel Geschichte in diesen Hütten, man trifft interessante Leute, oder hat mal wieder eine ganze Hütte für sich alleine. Es erhöht selbstverständlich die Komfortzone, hat aber für mich keinerlei Einbussen gegenüber dem campieren, was Gemütlichkeit angeht.
Variante 1
Da stellt sich plötzlich für mich die Frage nach einer reinen Hüttentour. Was? Ohne Zelt nach Norwegen? Kein campieren, kein Schlafsack? Geht gar nicht, werden jetzt wohl einige denken. Doch…das geht sogar sehr gut! Auch eine überwiegende Mehrheit der Norweger/innen sind ja ohne Zelt unterwegs.
Denn während ich mich an all die Touren der letzten Jahre zurückerinnert habe, habe ich festgestellt, dass ich mein Zelt und Teile der Ausrüstung eigentlich für nichts, hunderte Kilometer durch das Fjell geschleppt habe, in der Annahme, ich könnte es irgendwann einsetzen.
So begann ich Vor- und Nachteile einer reinen Hüttentour abzuwägen und stellte fest, dass die Vorteile für mich deutlich überwiegen. Selbstverständlich werde ich jetzt meinen 80 Liter Exped Rucksack, mein Zelt und Schlafsack nicht einfach im Estrich vergessen und nur noch auf Hüttentouren gehen. Der Reiz, ins Nábár, Blåfjell zu gehen, oder auch mein Rago Projekt zu verwirklichen, bleibt natürlich bestehen und dort ist ein Zelt unausweichlich.
Da kommen natürlich Fragen auf:
- Flexibilität: Selbstverständlich ist das weglassen eines Zeltes, eine Einbusse was die Flexibilität angeht. Ich bin an die Distanzen zwischen den Hütten gebunden und kann nicht einfach irgendwo übernachten. Da meine Planung aber seit jeher eine Etappenplanung von Hütte zu Hütte vorsieht, ist dies schon gegeben.
- Notfall: Was wenn unterwegs ein Notfall eintritt, das Wetter schlechter wird, man schlicht und einfach nicht mehr weitergehen mag? Der Notfall als solches kann immer eintreten und ob man dann noch ein Zelt aufbauen kann ist fraglich. In den Bergen habe ich auch nie ein Zelt dabei, daher ist dieser Punkt für mich vernachlässigbar. Gerade meine letztjährige Tour 2021 auf der Vesthei hat gezeigt, das ein Zelt bei einem Orkan überhaupt nichts hilft und vielleicht sogar eine falsche Sicherheit vorgibt. Das Unwetter war in einem geringerem Mass vorausgesagt gewesen und deshalb war die Hütte schon im voraus einkalkuliert. Das Wetter einigermassen richtig einschätzen zu können, vorsichtiger und umsichtiger zu sein, wird vielleicht ein bisschen wichtiger auf einer Hüttentour.
Die Distanzen zwischen den Hütten bewegen sich zwischen 10 und 25 Kilometern. Aus Erfahrung, sind die gemachten Etappen somit etwas kürzer als mit dem Zelt. Sich mehr Zeit nehmen, vielleicht mehr links und rechts des Weges Ausschau halten, vielleicht eine kleine Toptur (Gipfeltour) einbauen bevor man zur Hütte geht, sind meines Erachtens schöne Vorteile. Und wenn die Lust auf eine längere Etappe da ist, dann kann ich auch ohne weiteres mal eine Hütte überspringen. - Verfügbarkeit: Und was, wenn die Hütte voll ist? Ich habe in 10 Jahren nie erlebt, dass es keinen Platz in der Hütte gibt. Selbst wenn die Hütte voll war, hatte es immer noch Matratzen auf Reserve da. Dabei gibt es auch einen ganz einfachen Trick, sich einen guten Platz zu sichern…. früh genug auf der Hütte sein! Die meisten Wanderer sind eher später unterwegs und trudeln zwischen 18.00 und 22.00 in der Hütte ein. Ich als Frühaufsteher bin ab 7.00/8.00 unterwegs und treffe meist zwischen 15.00 und 17.00 auf der Hütte ein und erlebe es oft, einziger Anwesender zu sein.
Schon vor Coronazeiten, haben einige DNT Sektionen ein Hüttenreservierungssystem eingeführt. Dabei konnte man sein Bett bis maximal 19.00 reservieren und hatte es auf „sicher“! Mit der Pandemie wurde dieses System massiv ausgebaut und bis heute zu einem grossen Teil beibehalten. Neu gilt, dass ein gewisser Prozentsatz der Betten vorreserviert werden kann (in der Regel bis 50% der Kapazität) und der Rest wird weiterhin nach dem Motto „First come, first serve“ angeboten. Eigentlich ein akzeptables Vorgehen, dass jedoch nur funktioniert, wenn man auch Mobilfunkempfang unterwegs hat. Will man kurzfristig eine Route ändern, oder einen Tag in der Hütte wegen schlechtem Wetter aussitzen müssen, dann ist es natürlich nicht mehr möglich, etwas zu ändern oder zu verschieben. Ich bin gespannt, wie sich dieses System in Zukunft entwickeln wird.
Einen Platz wird man aber auf den Hütten immer finden! - Preis: Natürlich kostet eine Hüttenübernachtung etwas, gegenüber einer Nacht im Zelt. Aber die Preise der DNT Hütten (Statskog Hütten sind kostenlos), sind sehr moderat als DNT Mitglied. Und wenn man bedenkt, was man dafür bekommt, ist der Preis mehr als gerechtfertigt!
- Gewicht: Schlussendlich ist es sicher auch eine Frage des Komforts, wenn man ohne Campingausrüstung unterwegs ist. Nach meiner neusten Berechnung für die Hüttentour 2023, erreiche ich gerade mal knappe 8 Kilogramm Basis Gewicht ohne Proviant. Mit Proviant werden das wohl dann rund 11 Kilogramm Brutto Gewicht sein für den ersten Tag. Da die Tour im Süden und der Mitte Norwegens stattfinden wird, werden die meisten Selbstbedienungshütten mit Provianträumen ausgerüstet sein und so wird auch das Proviantgewicht tiefer liegen können. Dieses Tragegewicht wird es mir erlauben, einiges flexibler in der Routenfindung sein zu können und auch die Möglichkeit zu haben, unterwegs einen Abstecher auf einen Hügel oder Berg zu machen, ohne gleich 20 Kilogramm mitschleppen zu müssen.
Anbei die Packliste wie sie im Moment provisorisch steht. Hier wird sich bis zum Tourstart im August 2023, sicher noch das eine oder andere daran ändern.
Variante 2
Aber natürlich stelle ich mir auch die Frage, was wenn es keine erreichbare Hütte auf dem Weg hat? Und was, wenn sich plötzlich eine wunderschöne Landschaft auftut, die man gerne noch etwas näher erkunden möchte, aber darauf verzichten muss, da es keine Hütten hat dort? Trotzdem wieder das Zelt einpacken? Oder gibt es einen Mittelweg?
Genau so einen Mittelweg habe ich gefunden und es ist wirklich erstaunlich, was die Outdoor Branche heutzutage entwickelt! Selbstverständlich könnte ich meinen Biwakschlafsack mitnehmen, ein Tarp und eine Liegematte hinzu und schon bin ich unabhängiger. Doch die ganze „Tarperei“ ist mir nicht sympathisch und gewichtsmässig ist es auch nicht befriedigend.
- Mit dem Bonfus 2 Personen Zelt konnte ich nun eine tolle Variante kennenlernen, bei der ich auch über Erfahrungsberichte von drei anderen Benützern verfüge. Das Material, die ganze Konzeption des Zelts ist genial! Mit einem Bruttogewicht (inkl. Heringe, Packsack und Leinen) wiegt das Teil gerade knappe 620 Gramm und ist durch seine Materialwahl trotzdem äusserst robust.
- Da bei einer Hüttentour vielleicht auch mal eine Nacht auf dem Sofa fällig wird, weil die Betten belegt sind, kann ein reiner Seiden-Hüttenschlafsack etwas kühl werden. Daher habe ich mich nach einem etwas „dickeren“ Hüttenschlafsack umgesehen, der mir aber auch im Sommer als eigentlicher Schlafsack dienen kann. Hier hat Exped wieder einmal eine tolle Lösung dafür entwickelt. Durch die Anschaffung des Exped Ultra+10 Schlafsacks, der als ein etwas massiverer Hüttenschlafsack konzipiert wurde, kann ich für das campieren, auf einen dicken und warmen Schlafsack verzichten. Mit dem Flylite Schlafsack von Western Mountaineering verfüge ich über das passende Zusatzstück zum Exped Ultra+10. Somit sind auch kalte Nächte gut zu überstehen. Der Flylite überzeugt mit seiner grosszügigen Grösse und auch dem Gesamtgewicht von knapp 430 Gramm!
- Mit der Synmat UL (Neu:Ultra Serie) von Exped und ihren knapp 600 Gramm Brutto (inkl. Packsack, Rep-Material, Schnozzel Pumpbag), ist die Matte zwar nicht die leichteste auf dem Markt, aber sie verfügt über genügend Festigkeit und Isolation, damit ich keine Unterlage mitnehmen muss. Der Schnozzel Pump Bag dient übrigens nicht nur zum aufblasen der Matte, sondern ist auch ein wasserdichter Packsack für beide Schlafsäcke.
Fazit: Mit dem Zusatz von Zelt, Schlafsack und Matte, erhöht sich das Basis Gewicht der Ausrüstung um knappe 1.7 Kg.! Selbstverständlich muss auch das wieder mitgetragen werden, doch bleibe ich damit haarscharf unter 10 Kilogramm Basis Gewicht und bin auch ohne Hütte perfekt ausgerüstet und vorbereitet.
Für welche Variante ich mich schlussendlich entscheiden werde, steht noch offen und wird sich schlussendlich bei der Detailplanung der Tour ergeben. Die Aussicht auch beim „schwersten“ Fall, inklusive Proviant, mit maximal 13 Kilogramm unterwegs zu sein, ohne jeglichen Komfortverlust zu erleiden, macht die ganze Sache ziemlich erfreulich!
Es geht ja noch gerade einen Moment, bis es losgeht 😉
Selbstverständlich blende ich all meine weiteren Projekte nicht einfach aus und ich werde sie nicht aus den Augen verlieren. Da meine Hüttentour etwas zeitintensiver sein wird und ich 2023 mehr Zeit zur Verfügung habe, werden die anderen Pläne etwas aufgeschoben.