Ernährung auf der Tour
Was wurde nicht schon alles im Internet zu diesem Thema geschrieben und veröffentlicht. Tausende Beiträge über das „Richtig“ und „Falsch“ und unendlich viele Tipps, was das Beste sein könnte.
Auch bei mir gehen immer wieder Mails ein, die mich zum Thema Ernährung auf einer längeren Tour befragen. Nun, es wäre müssig, dass ich hier jetzt auch noch meine Weisheiten an den Tag lege und vielleicht schon wieder Zweifel oder noch mehr Fragen auslöse. Daher möchte ich mit diesem kleinen Artikel schlicht meine persönliche Handhabung zu diesem Thema beschreiben.
Vorgeschichte: Auch ich habe mir unendlich viele Gedanken zu meiner Tour 2013 gemacht! Ich hatte das grosse Glück, einen guten Freund als Hilfe zur Verfügung zu haben, der im Hochleistungssport als Ernährungsberater fungiert und viele Jahre Erfahrung zu diesem Thema hat. Alleine die Tatsache zu erfahren, dass auf einer Fernwanderung (bei einem täglichen Schnitt von 10-12 Stunden, 20-25 Kilometer auf Wanderwegen, mit 20 Kilogramm Gepäck), mal so eben 4000-5000 Kilokalorien weggehen, hat mich schon ziemlich schockiert. Denn schlussendlich gibt es Etappen, wo man vielleicht 8 oder 9 Tage ohne externe Proviantaufnahme unterwegs ist und die Lastkapazität begrenzt ist. Kurz gesagt: Man kann nicht soviel mitschleppen, wie man essen könnte. Das Resultat ist klar, es kommt zu einer zum Teil massiven Gewichtsabnahme und der Energie- und Leistungshaushalt kann sehr schnell in den Keller gehen.
Aber hier kommt schon ein sehr wichtiger Faktor in die Diskussion hinein: Kein Mensch ist mit einem anderen vergleichbar und es gibt keine Formel die für alle gilt. Daher muss eine jede/r sein eigenes Profil kennenlernen und schlussendlich damit umgehen können.
Persönliche Erfahrung: Nach ein paar Wochen, stellt sich ein permanentes Hungergefühl ein, dass permanent in irgendeiner Form befriedigt werden will. Fett- und zuckerhaltige Nahrungsmittel können hier vorübergehend eine Überbrückung bieten, aber nicht mehr. Mein Gewichtsverlust von total 9 Kilogramm war schon enorm, hat aber erstaunlicherweise keine grossen Auswirkungen auf meine Leistung gehabt. Doch die Essgewohnheiten in den letzten Wochen vor dem Ende, waren dann aber schon eher abstrakt und in einem Ausmass, dass ich seither nie mehr erlebt habe.
Grundsätzlich muss aber ein Unterschied gemacht werden, wenn es um die Länge einer Fernwanderung geht. Dauert die Tour 2-3 Wochen, ist das Problem weit weniger da, als wenn die Tour 2-3 Monate dauert. Das hat schlicht mit der Angewöhnung unseres Körpers an die Umstände zu tun. Obwohl der Mensch immer wieder das Gefühl hat, er (sein Kopf) sei schlauer als sein Körper, so täuscht er sich da gewaltig. In seinen Körper hineinzuhorchen, richtig zu reagieren, im keine Gelegenheit zu geben, negativ auf die Umstände zu reagieren, ist das A und O und kann nur durch Erfahrung erlernt werden. Dafür braucht es auch keinerlei wissenschaftliche Erfahrung oder Kenntnis.
Wer kennt es nicht: Der Hungerast! Wahrscheinlich ist schon jede/r irgendwann mal mit diesem Problem konfrontiert gewesen. Man hat vergessen zu essen und der Körper protestiert energisch gegen den Mangel, den er durch die Anstrengung erleidet. Ein Schokoriegel, eine Banane und alles ist schnell wieder im grünen Bereich. Diese Phase rechtzeitig zu erkennen und auch sofort zu reagieren, erspart viel Ärger und unangenehme Gefühle.
Mittlerweile habe ich auf längeren Touren gelernt, wie mein Körper reagiert, was und wann er braucht und so kann ich schlussendlich auch meinen Proviant planen und einteilen. Was jetzt so kompliziert und theoretisch tönt, ist eigentlich in einer ganz einfachen Gleichung zu verpacken: Essen wie immer und vor allem auch was schmeckt!
Praxis: Ersatzstoffe, Powernahrung, Nahrungsergänzung usw. ist für mich kein Thema und findet keinen Weg in meinen Rucksack! Im Gegenteil, mein Proviant für unterwegs ist sehr schlicht und einfach gehalten und die einzige Variable die ich einbaue, ist die Menge wenn es eine längere Tour ohne Proviantaufnahme gibt.
In den letzten Jahren habe ich für mich herauskristallisiert, was ich essen will, worauf ich Lust habe, was mir eine Basis an Kalorien legt und was ich als wichtig empfinde. Auch wenn das ziemlich langweilig und fade tönt, so besteht mein Proviant Jahr für Jahr aus den gleichen Dingen. Zum einen erfüllt es meinen Zweck, schmeckt mir und möchte ich nicht verzichten und es hat sich immer bewährt. Seit 2021 besitze ich nun auch eine selbst erstellte Exceltabelle, in der ich einfach die Anzahl der Tage für mein Proviantbedarf eingebe. Es berechnet mir exakt, die aus meiner Erfahrung nötige Menge, die ich mitnehmen muss und ich habe auch gleich das Gewicht berechnet. Das fängt beim Teebeutel an und hört bei der gefriergetrockneten Beutelnahrung auf. Zusätzlich rechnet es mir auch gleich einen Reservetag hinzu, je nach Tour einen weiteren Reservetag.
Das ist klar eine Spielerei und macht nur Sinn, wenn man oft unterwegs ist, kein Problem damit hat, immer das gleiche zwischen die Zähne zu bekommen. Aber es funktioniert bestens!
„Must haves“ im Rucksack: Wenn ich heute in Norwegen ankomme und in einen Laden einkaufen gehe, dann weiss ich eigentlich schon genau, was im Einkaufskorb liegen wird. Über die Jahre hat es diverse Dinge hinzu gegeben, auf die ich einfach nicht verzichten möchte.
- Eine Packung Smør gehört einfach immer in den Proviantbeutel. Die Butter ist auch bei wärmeren Temperaturen in einem Plastiksack sehr lange haltbar. Wenn man sie jeden Abend an die schattige, frische Luft vor die Hütte oder das Zelt hängt, ist sie bedenkenlos zu konsumieren. Ich verwende keinerlei Margarine oder fettreduzierte Butter. Diese liefert mir zu wenig Energie. Die Butter nutze ich auf dem Knäckebrot oder einen Löffel davon als Beigabe in der Fertignahrung.
- Die Tube Klem-Konfitüre gehört ebenso in den Sack. Obwohl ich aus einem Zuhause komme, wo es die beste, selbstgemachte Marmelade gibt, ist dieser Zusatz gerade am Morgen, ein Highlight. (Und darüber haben sich auch schon die einen oder anderen Mitbewohner in den Hütten gefreut!).
- Immer dabei ist auch eine kleine Packung Norvegia Käse. Eine Scheibe Käse am Morgen, macht den Schweizer glücklich!
- Rett i koppen Schokoladendrink umrahmt meinen Tagesablauf. Beim aufstehen und beim ins Bett gehen, gehört ein süsser Schokoladendrink in meinen Magen. Zum einen liefert er den Zucker und zum anderen die gute Laune!
Natürlich gibt es mittlerweile noch mehr Dinge die immer wieder in meinen Proviantvorrat kommen, doch diese vier sind seit Anbeginn meiner Wanderzeit in Norwegen immer dabei.
Tagesablauf: Mein Tagesablauf mit der Ernährung ist alles andere als fantasiereich, aber er funktioniert bestens und gibt mir die Energie für meine zum Teil langen Wandertage.
Die kulinarischen Highlights und das erleben von Essen und Trinken, geniesse ich dann wieder Zuhause in allen Formen.
- Frühstück: Wie bei den meisten fängt mein Tag mit einer grossen Tasse Kaffee an. Zwei oder drei Scheiben Knäckebrot mit viel Butter und Konfitüre und eine Scheibe Norvegia Käse sind für das Essen verantwortlich. Traditionell verlasse ich keine Hütte oder Zelt, ohne eine heisse, süsse Schokolade. Sie liefert mir den Extrapunch zum Start. Jeden Tag bereite ich mir auch eine Thermoskanne heissen Tee zu, der mich praktisch immer durch den Tag bringt.
- Zwischendurch: Jede Stunde mache ich einen kleinen Halt und setze mich kurz hin. Kvikk Lunsj Schokokeks und Rosinen, eine Tasse Tee und weiter geht es.
- Mittagessen: Seit einigen Jahren bin ich auf den Geschmack von Nudelsuppen gekommen. Während ich zu Beginn oft nur ganz kurze Mittagspausen gemacht habe, sind diese jetzt etwas länger geworden. Mit dem Jetboil Kochersystem koche ich heisses Wasser, lasse die Nudeln drei Minuten einweichen und schon habe ich eine heisse und Energie liefernde Mahlzeit, die mich zudem mit Flüssigkeit und Salz versorgt. Etwas Schokolade und Tee zum abrunden, das war`s.
- Zwischendurch: Jede Stunde mache ich einen kleinen Halt und setze mich kurz hin. Kvikk Lunsj Schokokeks und Rosinen, eine Tasse Tee und weitergeht es.
- Abendessen: Da ich ein Frühaufsteher bin und auch immer sehr früh unterwegs bin, enden meine Wandertage auch meist am Nachmittag oder frühen Abend. Daher habe ich auch genügend Zeit, mein Essen etwas in die Länge zu ziehen und muss nicht in kürzester Zeit alles reinstopfen und mit vollem Magen ins Bett.
Eine Bouillonsuppe mit Croutons oder Teigeinlagen sorgt für verlorengegangene Flüssigkeit und Salz. Dazu eine oder zwei Scheiben Knäckebrot mit viel Butter. Danach folgt der „Hauptgang“ aus dem Beutel, in Form einer gefriergetrockneten Mahlzeit. Zum Abschluss eine grosse Tasse Kaffee und etwas Schokolade und vor dem zu Bett gehen, mein obligater Schokoladendrink. - That`s it 🙂
Alles nicht sehr üppig, aber absolut ausreichend um mir genug Energie für den nächsten Tag zu geben. Selbstverständlich nutze ich jegliche Möglichkeit, unterwegs in einem Laden oder Shop mal eine Frucht oder ein frisches Brötchen, eine Zimtschnecke oder sonst was zu kaufen. Extrarationen sind immer sehr willkommen!
Falls eine Tour länger als drei Wochen dauert, vermehrt sich einfach die Menge der Tagesrationen, aber grundsätzlich bleibt es das gleiche. Hier variiere ich dann mehr mit Geschmacksrichtungen, um es nicht zu eintönig werden zu lassen.
Ich habe das grosse Glück, keinerlei Allergien oder Intoleranzen zu haben und mein Magen ist sich auch ab und zu gewöhnt, nicht nur sterile Produkte verfüttert zu bekommen. Auch laufe ich keinem Trend oder irgendeiner Essmodenrichtung nach, nur um dabei zu sein. Ich ernähre mich prinzipiell so gesund wie möglich, so nachhaltig wie möglich und so ausgewogen wie möglich. Ich bin der festen Überzeugung, dass nicht Radikalität die Welt und Umwelt verbessert, sondern das Mass und der Respekt gegenüber unserer Ernährung. Die Natur hat uns in Jahrtausenden gelernt uns zu ernähren und nicht die Wissenschaft oder Studien. Daher gilt für mich immer: Weniger ist mehr!
Ich freue mich immer wieder sehr, wenn ich in Outdoor- und Wanderblogs Beiträge zu selbstgemachten Mahlzeiten und deren Konservierung lese. Ich staune immer wieder über den Phantasiereichtum, die vielen tollen Ideen und Inputs die man kriegt. Leider bin ich da zugegebenermassen extrem untalentiert und faul! um dort mitzumischen. Doch ich habe mir fest vorgenommen, mich mehr diesem überaus interessanten und wertvollen Thema zu widmen. Ich gelte gemeinhin als „Beutelkind“ und kaufe mir immer noch diese Fertigmahlzeiten zusammen, weil sie, zugegeben, nicht übel schmecken und schlicht und einfach praktisch sind.
Jedoch ist es heute mittlerweile schon eine mächtige Dreistigkeit der Firmen, für wieviel Geld uns da mickrige 500-600 Kilokalorien verkauft werden, die jeglicher Nachhaltigkeit spotten.Daher, beide Daumen rauf, für all jene die sich die Mühe geben, hier ihre Fantasie walten zu lassen! Und falls jemand mal ein Rezept und Bedienungsanleitung übrig hat…… ich bin gerne Abnehmer 🙂
Ich wünsche “ En Guete“!