Erste Hilfe (Basics)


Die Digitalisierung hat längst auch das Outdoorleben erreicht und viel Technik ist heute kaum mehr wegzudenken. Smartphones, GPS, Digitalkameras, Powerbanks, MP3 Player, Tablets und es gibt sogar jene, die aus Gewichtsgründen den Stiel der Zahnbürste absägen, aber wochenlang eine Fotodrohne mit sich rumschleppen (was tut man nicht alles für ein paar Klicks und Likes 😉 ).

Und natürlich gehört heute wie selbstverständlich, ein Satelliten-Notsender mit ins Gepäck. Die ultimative Lösung, um im Notfall gerettet zu werden. Doch ist dieses Gerät wirklich ultimativ? Solange es funktioniert und auch das Notsignal übermittelt, ist es die perfekte ERGÄNZUNG um im Notfall auf Hilfe zu hoffen. Doch was wenn nicht? Sind wir heute dafür vorbereitet, im Notfall auch ohne Technologie agieren zu können?

Wer weltweit die Unfallberichte liest und sich die Statistiken ansieht, der sieht deutlich einen Trend zu einer Sorglosigkeit und Selbstverständlichkeit in Sachen Erste Hilfe und Rettung. Viele Rettungen finden aufgrund einer gewissen Fahrlässigkeit der Menschen statt und gefährden somit auch all jene, die die Rettung ausführen müssen.

Erste Hilfe früher:

20, 30 Jahre früher, war es schon fast eine Selbstverständlichkeit, einen Erste Hilfe Kurs zu besuchen, sich Grundlagen dafür anzueignen (wer erinnert sich noch an das alte GABI? / Gibt er/sie Antwort, Atmet er/sie, Blutet er/sie, Ist sein/ihr Puls normal? / , heute durch den internationalen Standard ABCDE ersetzt.) Die Kameradenhilfe war überall geläufig und bekannt und schlicht auch selbstverständlich-
Heutzutage haben viele diese Kenntnisse nicht mehr, denn dafür gibt es ja:

Satelliten Notsender der Firma SPOT

Es ist zum Teil sehr erstaunlich (oder erschreckend?), dass selbst Reiseveranstalter ihre Tourguides mit Kunden in die Natur rausschicken, ohne dass irgendwelche Grundausbildung in Erster Hilfe vorhanden ist. Die einzige Rückversicherung ist ein Satelliten Notsender und damit hat`s sich.

Natürlich kann man den Teufel an die Wand malen und was den Notfall angeht, allzu pessimistisch sein. Trotzdem gilt: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!
Grundsätzlich ist die Voraussetzung, zu zweit oder mehrere Leute zusammen, unterwegs zu sein, natürlich die wesentlich sicherere als alleine wandern zu gehen. Doch man kann sich auch als Einzelwanderer auf den Eventualfall vorbereiten, ohne gleich eine medizinische Koryphäe zu sein. Damit nicht das eintritt, was Lars erlebt hat:

Lars ist alleine im Fjell unterwegs. Vor zwei Stunden hat er die Hütte bei strahlendem Sonnenschein verlassen und freut sich auf eine lange, aber einfache Wanderung zur nächsten Hütte. Überglücklich, soeben den schwierigsten Teil der Etappe heute, eine grössere Bachüberquerung, bewältigt zu habe. Er streckt die Nase in die Sonne und geniesst die überwältigende Landschaft. Was für ein Prachtstag heute! Er ist heute früher als sonst aufgebrochen, denn ab Mitte Nachmittag soll eine Regenfront nahen, die auch deutlich tiefere Temperaturen mit sich bringt. Die Wetterprognose ist zwar schon drei Tage alt, da er seither keinen Mobilfunkempfang mehr hatte, aber er will nichts riskieren.

Er freut sich gerade noch über den einfachen Weg und dass er sehr gut vorankommt, da passiert es….. Er gleitet aus und knallt zu Boden. Ehe er aufprallt, durchfährt ihn ein stechender Schmerz und zugleich hört er ein ziemlich übles Geräusch. Lars schreit vor Schmerzen auf und er flucht Himmel und Hölle zusammen. Der Schmerz ist so gross, dass es ihm immer wieder schwarz vor Augen wird und er ums Bewusstsein kämpfen muss. Er pellt sich unter Qualen aus dem Rucksack heraus und genau in diesem Moment, rutscht er auf dem losen Stein, auf dem er sitzt, gleich noch ein paar Zentimeter tiefer. Nochmals wird ihm schwarz vor Augen und ihm wird speiübel.
Ein paar Minuten braucht er, um sich einigermassen zu fassen. Er versucht das Hosenbein über die schmerzende Stelle emporzukringeln und stellt zuerst erleichtert fest, dass da kein Blut ist. Doch bei genauerem Hinschauen bemerkt er eine leichte Fehlstellung im Schienbein! „Schei….. gebrochen!“ schreit er raus und ihm wird ziemlich schnell bewusst, dass das Schienbein wohl gebrochen und seine Situation gerade einiges übler geworden ist. Panik macht sich breit als er realisiert, dass er ja keinen Mobilfunkempfang hat und dass die Wahrscheinlichkeit, dass hier heute noch Leute vorbeikommen werden, ziemlich klein sind.

Doch Lars hat ja den Notfallsender und macht sich daran, das kleine Gerät aus dem Rucksack hervorzukramen. „Mann oh Mann, warum habe ich das Teil bloss so tief im Rucksack drin und kriege es kaum raus?“. Während er sich daranmacht, den Sender rauszukriegen, bewegt sich die Steinplatte erneut und bringt ihn erneut aus dem Gleichgewicht. Wieder schreit er auf und die Schmerzen durchfahren ihn wie ein greller Blitz. Endlich hat er den Sender gefunden, klappt die Sicherungsklappe hoch und drückt den erlösenden Alarmknopf. Sogleich fängt der Sender an zu blinken und dieser wird nun bis zum Ende der Batterielaufzeit, alle paar Sekunden ein Notsignal via Satellit aussenden. Eine Erleichterung durchfährt Lars, denn er weiss, dass er vielleicht knapp eine Hubschrauberflugstunde vom nächsten Spital entfernt liegt und die Hilfe somit schnell da ist.
Zum Glück hält das Wetter noch so lange hin und die Schmerzen würde er wohl aushalten können.

Sein Mund ist vom Schock staubtrocken und er hat grossen Durst. Doch nun bemerkt er, dass seine Wasserflasche leer ist. Warum auch Wasser in der Gegend rumschleppen, wenn hier überall fliessendes Wasser vorhanden ist. Er hört deutlich den Bach, den er gerade erst gewatet hat, was aber seinem Durst nicht wirklich dienlich ist. Essen kann er auch nichts, der Proviant ist zuunterst im Rucksack und so legt er sich zurück und ist zumindest froh, dass ihn die Sonne wärmt.
Am Horizont sieht er die Wolken langsam aufziehen, doch die sind noch weit weg.

Zwei Stunden sind vergangen und noch immer ist das knattern der Hubschrauberrotoren nicht zu hören! „Warum geht das so lange, ich bin doch hier nicht von der Welt“ flucht er in den Himmel. Drei Stunden verstreichen, der Notsender setzt immerwährend seine Signale ab und….nichts tut sich. Der Schmerz hat mittlerweile etwas nachgelassen, aber er fühlt nun einen grossen Druck und Wärme im Bein. Er zieht nochmals vorsichtig das Hosenbein hoch, was fast nicht mehr möglich ist, und erschrickt gewaltig, als er das gross angeschwollene, blaurot gefärbte Bein sieht. Eine grosse Panik steigt in Lars hoch und seine Vermutung, dass er beim nachträglichen abrutschten, mit dem gebrochenen Knochen vielleicht zusätzlich noch eine Gefässverletzung provoziert hat, könnte sich hier gerade bestätigen.
Ihm ist sofort klar, dass es nun ziemlich akut wird und Rettung dringend notwendig ist. Tränen laufen über seine Wangen und er hat zum ersten Mal eine riesengrosse Angst davor, dass dies hier nicht gut ausgehen könnte.

Die Wolken haben sich mittlerweile vor die Sonne geschoben und ein kalter Wind frischt immer mehr auf! Lars friert und er zittert am ganzen Körper, aus Angst und vor Kälte. Vier Stunden sind seit dem ersten Notsignal vergangen und seine Zweifel, dass diese Signale irgendwo ankommen, werden immer grösser. Jetzt erst realisiert er auch seinen Standort. Er liegt unmittelbar an einem Hang, der gut und gerne 100 Meter hoch ist. Auf der anderen Talseite sind die Hügel ebenso, wenn nicht noch höher. Er befindet sich sehr weit im Norden von Norwegen, wo es deutlich weniger Satelliten am Himmel hat, als zum Beispiel in Mitteleuropa. „Kommt mein Signal vielleicht gar nicht in die Reichweite eines Satelliten?“. Diese erschreckende Frage kommt mit einsetzendem Regen zusammen und der Tatsache, dass es mittlerweile nach 16.00 ist und die Wahrscheinlichkeit, dass hier noch Menschen vorbeikommen, praktisch bei Null liegt!

Nun, was mit Lars schlussendlich passiert ist, weiss niemand, da es eine fiktive Geschichte ist. Doch ist sie unwahrscheinlich?
Zugegeben, das Zusammenkommen so vieler, negativer Faktoren ist sicher nicht alltäglich, doch definitiv nicht aussergewöhnlich. Jedes Jahr kommen immer wieder Menschen in ähnliche Situationen und ab und zu verliert sogar jemand auch sein Leben dabei. Lars hätte wohl nur eine kleine Überlebenschance gehabt in dieser Geschichte.

Das Unglück kann alle treffen:

Tritt das Unfallereignis ein (ein Misstritt, eine Unachtsamkeit ist ja wohl schon jedem passiert), braucht es oft nur noch einen oder zwei zusätzliche Faktoren und die Katastrophe beginnt zu entstehen. Befindet man sich an einem Ort mit Mobilfunkempfang, dann können wir problemlos, in noch so schwieriger Gegend, auf der Stelle Hilfe anfordern und die Rettung wird unmittelbar stattfinden. Doch was ist, wenn wir wie Lars alleine sind, unvorbereitet und im Nirgendwo unterwegs?

Nábár Plateau, Finnmark….im Nirgendwo!

Einen Unfall ausschliessen kann man nicht und sollte man auch nicht. Auch wenn das Ereignis noch so lapidar wirkt, sehr schnell kann daraus ein wirklicher Notfall entstehen.
Ein paar Grundsätze kennen, mit erster Hilfe vertraut sein, die notwendige Ausrüstung bei sich haben und nötiges Wissen angeeignet haben, dann können wir schon sehr viel dazu beitragen, dass es eben nicht zur Katastrophe kommt. Und im übrigen: Nicht immer müssen wir das Opfer sein! Es ist sehr gut möglich, dass wir inmitten der tiefsten Prärie auf eine verunfallte Person treffen, die dringendst Hilfe benötigt. Sehr schnell könne wir hier auch zum Lebensretter werden und wem würde in einem Fall wie bei Lars, nicht gerne geholfen?

Doch was kann man tun?

Gerade das Beispiel von Lars zeigt viele Lücken und Versäumnisse auf, die man verhindern hätte können:

  • INFORMATION: Lars hat es im Vorfeld vermieden, jemanden zu informieren wohin er geht und was sein Plan ist. Auch wenn man tagelang in mobilfunklosem Gebiet unterwegs ist, macht es Sinn, zuvor jemanden zu informieren. Auch wenn die Zeitspanne vielleicht drei, vier oder mehr Tage umfasst bis man sich wieder meldet, kann dies schon ein Hinweis auf einen Notfall sein. Lars hat sich alleine auf seinen Notfallsender verlassen, der in vielleicht 95% aller Fälle auch perfekt funktioniert, aber eben nicht immer. Wer in einer Hütte übernachtet, sollte ein wahrscheinlich nächstes Ziel, in der dafür vorgesehenen Rubrik im Hüttenbuch, eintragen.
    (2013 bin ich auf meiner Norwegentour vielleicht knappe hundert Meter neben einem schon seit drei Tagen vermissten Ornithologen vorbeigelaufen. Der junge Mann hatte einen offenen Oberschenkelbruch und hat schlussendlich nur knapp überlebt. Fünf Tage lag er im Fjell und wurde mit viel Glück, abseits der Wege, von einem Jäger entdeckt. Er hatte niemanden über seinen Aufenthalt informiert! Ein anderer NPL Läufer hat mich später über diesen Vorfall informiert. Er konnte die Hubschrauberrettung mitverfolgen.)
  • EIGENSICHERUNG: Ist das Unglück geschehen und man ist noch in der Lage zu handeln, soll so schnell wie möglich die Eigensicherung in Angriff genommen werden. Sei es in den Bergen, bei einem Autounfall oder am Arbeitsplatz oder egal wo, die Eigensicherung hilft, das Ereignis nicht noch schlimmer zu machen. Lars hat im Schock vergessen seine Position zu gut als möglich zu sichern, ist abgerutscht und hat sich dabei zusätzlich wohl eine gefährliche Gefässverletzung zugezogen. Ein Schock kann das Schmerzempfinden etwas abdämpfen und dabei „helfen“, einen grösseren Aktionsradius zu erhalten. Gleichzeitig nimmt er möglicherweise aber auch das klare Denken und Handeln.
  • SELBSTDIAGNOSE: Nur die wenigsten verfügen über genug grosses medizinisches Wissen, um z.B. eine Bänderverletzung von einer Verstauchung zu unterscheiden. Bei der Selbstdiagnose geht es vor allem darum zu entscheiden, ob eine Verletzung so erheblich ist, dass externe Hilfe benötigt wird. Eine Fraktur, eine heftige Blutung, Taubheitsgefühle oder einen heftigen Schlag gegen den Kopf, sind für uns alle erkennbar und eine Intervention durch die Rettung ein Muss. Ist es jedoch eine Fleischwunde die nur heftig blutet, aber nicht tief ist, kann man Beine und Arme, sowie die Gelenke noch gut bewegen, dann ist häufig keine Hilfe notwendig und die Situation verbessert sich zusehends.
  • Wer mithilfe eines Notsenders Alarm auslöst, sollte sich bewusst sein, dass da unter Umständen eine ziemlich grosse Maschinerie losgeht. Sei es in der Luft, oder auch je nach Wetter, terrestrisch mit Suchmannschaften.
    Ist man unsicher und/oder hat ein schlechtes Gefühl, dann gilt: Immer Alarm auslösen! Auch wenn es sich schlussendlich vielleicht nur als eine schmerzhafte Verstauchung herausstellt und die Rettung nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Es ist die Aufgabe der Rettungs- und Suchmannschaften, Menschen in Not zu helfen, egal wie gross die Not schlussendlich ist.
    (In den letzten Jahren hat sich eine immer beliebtere Variante des Lufttaxis eingeschlichen. Man ist zu spät los, oder hat sich wieder einmal grenzenlos überschätzt. Egal, Smartphone hervor oder Notsender einschalten und schon bald kommt das Taxi angeflogen. Dies ist nicht nur ein absolutes „No Go“, sondern ein überaus gefährliches „Spiel“. Denn es ist sehr wohl möglich, dass mit dieser Aktion eine Rettungscrew über längere Zeit blockiert ist, während es auf einer anderen Unfallstelle ums Überleben und Minuten geht! Daher: NIE EINEN UNBEGRÜNDETEN ALARM AUSLÖSEN!)
  • ALARM / SOS AUSLÖSEN: Niemand wird diesen Schritt gerne machen und doch ist er mit sehr grosser Hoffnung verbunden. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gross, dass dieser Alarm auch an seinem Zielort ankommen wird. Gerade in Ländern wie Norwegen, sollte man sich aber bewusst sein, dass die Rettung vielleicht erst in 2,3 Stunden kommen kann. Falls kein Flugwetter herrscht, kann es locker auch mal einen Tag oder länger gehen, bis jemand vor Ort sein wird. Und, leider kann es auch wie bei Lars vorkommen, dass niemand kommt.
  • SELBSTHILFE: Wer gut auf einen Notfall vorbereitet sein will, der kann dies mit sehr wenig Aufwand organisieren.
    Wenn der Alarm ausgelöst ist, geht es vor allem darum, sich vor äusseren Einflüssen zu schützen. Hier spielt natürlich der Grad der Verletzung eine grosse und entscheidende Rolle.
    Ein sehr wertvoller Tipp ist der kleine (1 Liter) wasserfeste Packsack, der griffbereit im Rucksack (Deckeltasche oder Aussentasche) bereit liegt. Darin enthalten:
    • Ein Sackmesser (wenn nicht schon aussen am Rucksack griffbereit)
    • Ein steriler Gazeverband (mind. zwei Meter lang).
    • Wärmedecke (Astronautenfolie)
    • Reepschnur ( zwei Meter lang)
    • Zwei starke Schmerztabletten
  • Mit diesen fünf kleinen Sachen, die kaum Platz benötigen und eigentlich so oder so ins Gepäck gehören, haben wir eine kleine Grundlage geschaffen, die Situation etwas zu verbessern. Mit den Tabletten können wir zunächst unter Umständen etwas Schmerzen abbauen, um den Aktionsradius zu erhöhen und etwas Ruhe zu bekommen. (Da bei eintreffen des Rettungsarztes meist ein Zugang gelegt wird um Schmerzmittel zu verabreichen, sollte die Einnahme der Tabletten mit Herstellernamen unbedingt angegeben werden!).
    Mit dem Gazeverband und z. B. einem Stein oder Holzstück, können wir bei heftiger Blutung einen Druckverband machen. Noch besser ist natürlich ein Verband, der schon mit einem sogenannten „Druckschuh“ ausgestattet ist. Wer Wanderstöcke dabei hat, kann zusammen mit der Reepschnur, bei einem gebrochenen Bein oder Arm eine Schiene fertigen.
    Enorm wichtig ist aber der Schutz vor der Witterung! Bei einem Unfall, kühlt man erfahrungsgemäss sehr schnell aus, auch wenn das schönste Wetter herrscht. Ein bisschen Wind genügt, um milde Temperaturen ein paar Grad kühler erscheinen zu lassen. (Windchill) Die wenigsten werden wohl noch in der Lage sein, das Zelt provisorisch aufzubauen. Dies wäre natürlich der allerbeste Schutz! In erster Linie sollte man sich aber windabgewandt lagern, d.h. ein kleiner Graben oder wenn es möglich ist, mit ein paar Steinen einen kleinen Schutzwall beim Rumpf zu bauen. Dieser muss nicht höher als 20-30 cm. sein und vor allem den Teil von der Hüfte bis zum Kopf schützen.
    Der Einsatz der Astronautendecke (bei viel Wind nicht ganz einfach) ist ein sehr hilfreiches Mittel um Unterkühlung zu verhindern. Zugleich hat sie auch noch einen weiteren Effekt: Die Decke ist sehr gut sichtbar und gerade bei Sonnenschein reflektierend.
    Sichtbarkeit kann überlebenswichtig sein! Hier bezahlen wir nun vielleicht den Preis für allzu gute „Tarnfarben“ wie ein grünes Zelt, brauen Hosen oder dunkelblaue Jacken oder Rucksäcke. Mindestens ein Kleidungsteil sollte im Gepäck sein, das aus der Luft und am Boden farblich sehr gut sichtbar ist. Ansonsten wird es die Rettung sehr schwierig haben, die Unfallstelle zu lokalisieren. Auch der Radius des Notsenders kann unter Umständen eine sehr grosse Fläche aufweisen.
    Auch wenn es manchmal sinnlos wirkt, eine kleine Trinkflasche mit Wasser gefüllt, sollte immer im oder am Rucksack dabei sein. Wasser kann sehr schnell überlebenswichtig werden, auch wenn es vielleicht nur ein halber Liter ist.
Kleines Not-Equipment. Immer griffbereit!

Wer diese fünf Punkte beachtet und das kleine Not- Equipment griffbereit hält, der wird zwar nicht vor dem Unglück bewahrt, ist aber nicht schutzlos, einer z.T. auch gefährlich werdenden Situation, ausgesetzt.

Das fiktive Beispiel mit Lars ist mit Sicherheit ein Extremfall, bei welchem sehr viele unglückliche Faktoren zusammenkommen. Und wenn auch ein solcher Fall, auf die jährlich von Menschen im Fjell zurückgelegten Wanderkilometer, Quantitativ eher im Promille als im Prozentbereich angesiedelt sind, kann es jeden irgendwann treffen.
Gerade in einer immer höher technologisierten Welt, in welcher viele Dinge wie auch eine Rettung, als Selbstverständlichkeit angeschaut werden, kann ein Ausnahmefall eintreten. Auch die Wanderwelt hat sich deutlich verändert. Die Diskussionen um Gewichtsersparnisse und möglichst leicht, möglichst weit zu wandern, lässt oft die Vorsicht in den Hintergrund treten. Wenn die Wanderapotheke schlussendlich noch aus zwei Heftpflastern besteht, an welchen aus Gewichtsgründen noch die sterile Verpackung entfernt wurde, dann bleibt schlussendlich nur noch ein grosses Stück Hoffnung, dass nichts passiert!

In vielen Gesprächen mit anderen Wanderern zu diesem Thema, stellt sich immer wieder heraus, dass mindestens 2/3 der Läufer/innen schon heikle Situationen erlebt haben. Zum Glück oftmals ohne zusammentreffen von mehreren negativen Faktoren. So bin auch ich nicht gefeit davor, egal wie gut ich mich vorbereite und ausrüste!

Es ist ein wunderschöner Tag auf meiner Norge på langs Tour 2015, als ich von der schwedischen STF Hütte Hukejaure, zur norwegischen DNT Hütte Gautelis laufe. Zwei Kilometer vor der Hütte, trete ich durch ein lächerliches Schneefeld hindurch, sinke ein und schlage mir sehr schmerzhaft das Knie auf. Ausser einer kleinen Fleischwunde ist zum Glück nichts passiert.
Ich war an diesem Tag der letzte, der auf dem Weg zur Hütte war. Am Abend war kein Niederschlag, aber heftiger und kalter Wind vorausgesagt worden. Da ich 2015 das ganze Narvikfjell mit meinem SPOT Satellitensender „getrackt“ habe, stellte ich später fest, dass ich genau in dem Abschnitt wo der Vorfall war, ein Verbindungsloch hatte. Somit hätte der Notsender nicht funktioniert. Dank dem Schneefeld hätte ich Wasser gehabt und die Topographie hätte es mir erlaubt, vor dem Wind einigermassen geschützt zu sein. Wäre die Kniescheibe gebrochen gewesen und ich hätte nicht mehr weiterlaufen können….. es wäre eine kalte und ungemütliche Nacht geworden!

Gautelisvatnet, kurz vor dem Vorfall 2015

Ich wünsche allen, unfallfreie, genussreiche und sichere Wanderungen!