Teil 4/15 : Børgefjell und Umbukta
Ich plante meinen Weiterweg nordwärts durch das Virmadalen. Morgen sollte ich dann ostwärts durch das Tiplingen Tal runter ins Susendalen kommen, von wo ich über das Vågfjellet Richtung Okstindan Gebiet gelangen würde. Die Etappe bis nach Umbukta, würde mich kaum an bewohntem Gebiet vorbeiführen, und so hatte ich meinen Rucksack bis „unter`s Dach“ mit Proviant gefüllt. Da kamen dann doch schon mal nahezu 30 Kilogramm auf die Waage, und die drückten nun mächtig auf die Hüfte und Schultern.
Von der Virmahütte, ging es Anfangs gemächlich am Virma Bachs entlang, leicht ansteigend durch das Virmadalen. Der Tag war eine absolute Wucht, stahlblauer Himmel und die gut 25 ° C trieben mir die Schweissperlen auf die Stirn. Das offene, weite Tal lag wunderschön. Durchzogen mit leichtem Birkengewächs aber sehr gutem Laufgelände, ein absoluter Wandergenuss ! Begleitet von rund 200 Rentieren, welche ebenfalls Nordwärts zogen, kam ich sehr schnell und zügig voran.

Virmadalen

Virmadalen
Nach rund 2 Stunden standen die ersten Bachüberquerungen an. Øyvind, welcher einen Tagesmarsch vor mir unterwegs war, hatte wie ich, für den Notfall einen Satellitensender dabei. Er hatte allerdings einen Tracking Modus aktiviert, welcher im 10 Minuten Rhytmus ein Signal sendete, welches auf einer Google Karte als fortlaufender Track sichtbar war. Bevor wir uns trennten, gab er mir seine Web Adresse des Tracks, und so konnte ich nun jederzeit sehen wo er war und wie er gelaufen war. Höchst vorteilhaft für mich ! Anhand seines Tracks des gestrigen Tages, sah ich, dass er alle Bäche direkt überquert und somit keine Probleme damit hatte. Jetzt, 24 Stunden später nach dieser Schneeschmelze, war an den jeweiligen Stellen, an eine Bachüberquerung nicht zu denken. Mehrmals musste ich die Bäche rauf und runter laufen, um eine einigermassen sichere Watung zu finden. Die Strömungen waren zum Teil wirklich heftig, so blieb mir nichts anderes übrig, als tiefe, strömungsarme Stellen zu nutzen. Da hiess es schon mal, den Rucksack auf den Kopf zu nehmen und hüfthohes Wasser zu durchqueren. Allerdings waren die Erfrischungen an diesem heissen Tag nicht zu verachten, die Pausen dabei auch nicht!
Das Børgefjell
Endlich erreichte ich den Anfang des Hochplateaus am Gaukarvatnet und somit die Grenze zum Børgefjell National Park…

Børgefjell
Sprachlos ! Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Was für eine gewaltige Arena tat sich hier vor meinen Augen auf ! Am Horizont stand der höchste Berg des Børgefjells, der Kvigtinden und die ganze majestätische Kette des Simskardfjellet. Und………..Schnee, wohin das Auge auch schaute. Ich rieb mir meine Augen, konnte das wirklich sein, jetzt im Juli???

Øyvind…..!
Schon bald traf ich auf die ersten Spuren von Øyvind mit seinen Begleitern. Die Schneefläche nahm immer mehr zu, und schon bald war hier eine kompakte Schneedecke von rund 1- 1.5 Metern Schnee !!

Børgefjell
Die Landschaft präsentierte sich wie Mitte Februar, es war schlicht unglaublich. Einzig die hohen Temperaturen und der nasse Schnee zeugten von einer anderen Jahreszeit. Und genau dort lag nun mein grösstes Problem. Mit jedem 3-4 Schritt versank ich bis zum Knie im Schnee, es wurde mörderisch hier zu laufen. Oftmals trat ich auf eine Schneehöhle und stand bis zu den Hüften im Schnee. „Wowh….. das wird ganz schön eine Plakerei“ , dachte ich, und kämpfte mich weiter. Øyvinds Taktik war nun, möglichst hoch an die Hänge hinauf zu gehen, wo es mehr apere Stellen gab. Ich wollte genau dies auch tun, als plötzlich………
….relativ frische Schneemobil / Skidoo Spuren vor mir auftauchten. Kaum 2-3 Tage alt, waren diese Spuren plötzlich überall zu sehen. Der National Park ist für jegliche Aktivitäten gesperrt, mit Ausnahme der Rentierzucht und Rentierhaltung der Sami. Die Sami sind die einzigen Menschen im Park, welche motorisierte Fahrzeuge benützen dürfen. Wenn man sich die Spuren genau ansah, war dann allerdings das herumfahren wohl kaum für die Rentiere gedacht, als mehr dem Vergnügen einiger jüngeren Sami. Da waren dann schon mal Sprünge von mehreren Metern eingebaut oder Sturzspuren, verteilt über das ganze Plateau. Worüber ich zuerst doch etwas verärgert war, sollte mir dann aber ganz plötzlich, sehr nützlich werden. Die Spuren waren z. T. noch sehr frisch, und hatten den Schnee sehr gut gepresst. In den Spuren war das Laufen sehr viel angenehmer als daneben. Ich sank kaum mehr ein und kam so wieder viel besser vorwärts. Nun konnte ich nur hoffen, dass die Spuren möglichst gerade nach Norden führten, ans Ende das Hochplateaus.

Store Kjukkelvatnet….. wo ist er denn?
Tatsächlich führte eine Spur genau dem Store Kjukkelvatnet, der tief unter Schnee und Eis lag, entlang nach Norden. Nun kam aber ein weiteres, sehr gefährliches Problem auf mich zu….Schneebrücken! Es lag soviel Schnee, dass kaum Anzeichen davon zu sehen waren, aber man hörte oft reissende Bäche unter den Füssen vorbeirauschen. Ein mulmiges Gefühl kam auf. Ich war ja alleine und ein einbrechen würde mir wohl das Lebenslicht zum erlöschen bringen!
Waren zu Beginn die Wasserläufe noch einsehbar……….
Änderte sich das sehr schnell, mit der immer dicker werdenden Schneedecke……
Hier reinzufallen würde wohl sehr schnell, klare Verhältnisse schaffen!
Dank Øyvinds Tracking Spur, konnte ich schon sehr weit im voraus mögliche Problemzonen erahnen. Denn immer wenn er einen 90° Winkel einschlug, musste eine unpassierbare Stelle vor ihm liegen. So konnte ich mir viele Suchwege einsparen.
(An der oben abgebildeten Stelle, am Ende des Store Kjukkelvatnets, kam rund 2 Wochen nach meinem Durchlauf, eine Frau ums Leben. Sie fiel beim übergehen einer Schneebrücke ins Wasser und wurde sogleich unter den Schnee gespült. Ein anderer NPL Läufer erzählte mir dies einige Wochen später, er hatte den Unfall nur um Haaresbreite verpasst.)
Ich konnte im Nachhinein von Glück reden, dass bei meiner Anwesenheit im Fjell, die Schneebrücken zum Teil noch äusserst stabil und dick waren. 2-3 Wochen später wurde dies sofort um einiges gefährlicher.
Als ich auch diese Stelle überwunden hatte, zeigte meine Uhr bereits 22.00 Uhr. Ich hatte nun schon über 35 Kilometer abgerissen, und war doch ziemlich erschöpft. Aber, ich hatte mein Ziel erreicht, das Nordende des Store Kjukkelvatnet war auch sogleich das Ende des Hochplateaus. Ich suchte mir ein trockenes Plätzchen um mein Zelt aufzubauen.

Zeltplatz am Nordende des Store Kjukkelvatnet
In weiser Voraussicht, stellte ich das Zelt etwas vom Wind abgewandt auf. Obwohl es noch sehr ruhig war, wollte ich vorbereitet sein. Was für ein herrlicher Abend….. gutes Essen, 50 Meter von mir entfernt spielten 2 kleine Fjellreven ( Fjellfüchse ), Aussicht über das ganze Plateau……. höchste Zufriedenheit kam in mir auf !

Børgefjell
Es dauerte auch nicht lange, bis ich tief „eingemummelt“ in meiner Penntüte, in den Schlaf des Erschöpften fiel. Bis……. es um Mitternacht plötzlich an meinem Zelt zu reissen und zerren anfing……. der Sturm?
Der Sturm
Zuerst versuchte ich den Lärm des schlagenden Zeltes, mit Stöpseln in den Ohren zu bewältigen. Ich drehte mich, döste wieder ein, wachte wieder auf, ein stetes Hin und Her, bis um 1.30 der Lärm ohrenbetäubend wurde. Nein, es hatte keinen Sinn mehr ! An Schlaf war nicht mehr zu denken und der Sturmwind wurde immer stärker. Als ich das Zelt aufmachte, peitschte mir der Wind ins Gesicht, und ich sah wie die Wetterfront schnell über das Plateau immer näher kam.
Ich musste hier weg, musste runter ab dem Plateau. Böen erreichten wohl schon bald dreistellige Windgeschwindigkeiten. Also raus aus dem Zelt, zusammengepackt und keine 15 Minuten später stand ich um 1.45 mit gepacktem Rucksack bereit und lief los.

Sonnenaufgang um 2.00 über dem Golvertinden
Nun, mein verfrühter Aufbruch hatte auch einen grossen Vorteil. Am Abend zuvor wurde mir klar, der Weg über Tiplingen zum Vågfjellet und zum Okstindan Gebiet würde wohl in den Schnee fallen. Ich würde wohl besser bedient sein gleich direkt Nord zu laufen, um die Abkürzung ins Susendalen zu kriegen und schliesslich, zur Ortschaft Hattfjelldal Aarporte weiter zu gehen. Dieser Weg würde aber 2 grosse Bachsysteme traversieren. Schon am ersten waren meine „Vorläufer“ am Tag zuvor kläglich gescheitert. Die Trackingspuren wiesen ein unheilvolles Kreuz und Quer auf. Die Traversierung scheiterte!
Jetzt um diese Tages-, oder besser gesagt Nachtzeit, würden die Bäche kaum mehr soviel Wasser führen. Ein rüberkommen könnte möglich sein. Kaum ein Stunde war vergangen, als ich mit sehr viel Rückenwind vom Plateau runter ins Tiplingen Tal kam. Der erste Bach kam in Sicht, der Sielkenjohke…….

Sielkenjohke
Keine 100 Meter von meinem Standpunkt, sah ich eine grosse, dicke Schneebrücke. Die musste halten ! So kam ich ohne grosse Probleme über den Sielkejohke. Doch ich sah auch an den Schmutzrändern vom Schmelzwasser des Vortages, dass der Wasserstand hier nun um knapp einen Meter tiefer lag !!!! Puhhh…. da kann ich jene verstehen, die hier nicht durchkamen, kein Chance!
Ich nahm mein Fernglas hervor und suchte den östlichen Teil des Tiplingen nach einem oder mehreren Zelten ab. Øyvind und seine Freunde, sowie der deutsche Wanderer der seit der Fähre mit den Norwegern unterwegs war, mussten hier, laut der Trackingspur, irgendwo campieren. Doch ich sah nirgends ein Lebenszeichen. Also weiter zum zweiten Bachsystem, dem Sijdurienjohke. Während ich über den Hügel auf die andere Seite gelangte, wurde mir plötzlich bewusst….. wäre ich wie geplant einen Tag früher hier gewesen, wäre ich wohl jetzt genau gleich weit, ich wäre hier wie die anderen gar nicht durchgekommen. Über eine schneebedeckte Ebene kam ich dann zum Sijdurienjohke. Doch was ich da sah, lies mir den Atem stocken !!

Sijdurienjohke
Das war nicht etwa ein gemütliches Bächlein im Nirgendwo, sondern ein ganzes Bachsystem mit sechs ausgewachsenen Armen. Jeder dieser Arme war prall gefüllt mit Eiswasser, einer gehörigen Portion Strömung und auch noch durchschnittlich einen halben bis einen Meter tief ! Und wäre das alles noch nicht genug, war das Ganze auch noch toll mit Schnee eingepackt, es war knapp 4.30, bitterkalt und ich hatte noch nicht gefrühstückt !! Mann oh Mann dachte ich….. das könnte ein harter Tag werden, und er wurde es auch!
Lernstunde Nr. 1 : Navigation
Nun, es blieb mir nichts anderes übrig, es musste funktionieren. Raus aus den Schuhen, Socken weg, Hose weg, dann ab ins Eiswasser. Auf der anderen Seite, schnell die Füsse trockenen, alles wieder anziehen, 20 Meter laufen und wieder von vorne beginnen. Die Gefahr von Erfrierungen war definitiv zu hoch, um das Ganze abzukürzen und einfach durchzumarschieren. Als ich nach knapp 1 Stunde endlich am letzten Arm ankam, stand ich kurz vor dem verzweifeln. Der Bach war zu tief, die Strömung zu stark und beidseitig waren Schneewächten von einem Meter. Schei……… ! Was nun?

Das letzte Hinderniss am Sijdurienjohke
Erst nach mehrmaligem Hin- und Herlaufen, entdeckte ich die alte Skidoo-Spur unter meinen Füssen. Ich hatte diese wohl aus Verzweiflung nicht beachtet. Da musste irgendwo eine Schneebrücke sein ? Und tatsächlich, keine 200 Meter weiter unten war sie, meine Rettung !! Eine stabile Schneebrücke die zwar in der Mitte auch schon eine Senkung aufwies, doch die würde mich auf jeden Fall noch halten, also rüber mit mir. Endlich!! Es war geschafft, und ich auch. Mittlerweile war es schon 5.30 und nun war definitiv der Zeitpunkt für ein paar heisse Tassen Schokolade und zwei fettige, leckere Croissants, welche ich noch von Røyrvik mit dabei hatte.
Nach einer Stunde Pause, raffte ich mich auf um nun hoch zum Øvre Båttjønna See zu kommen. Von dort war die Navigation relativ einfach…… geradeaus immer nach Norden, bis zum Abstieg ins Susendalen.

Fjellnavigation
Der Sturm hatte sich mittlerweile gelegt, die Kaltfront war da. Nun legte sich der Nebel relativ schnell über`s Gelände und nahm mir schon bald jegliche Sicht. Da ich nun wieder auf einer Höhe von über 800 Metern angelangt war, stand ich auch wieder im Schnee.

White out !
Die Sichtweite fiel zum Teil unter 10 Meter und es wurde immer finsterer. Ich stapfte wie eine Maschine durch den nassen, tiefen Schnee. Immer geradeaus. Nach rund 40 Minuten, nahm ich meinen Kompass hervor um meinen Kurs zu kontrollieren…… was zum Teufel ?? Jetzt ist der auch noch defekt und zeigt in die entgegengesetzte Richtung ! „Was muss heute wohl noch alles passieren“ schrie ich laut heraus. Ich nahm mein GPS aus dem Rucksack, aber öha……… das zeigte mir genau den gleichen, falschen Kurs !! War es ich, der da falsch lag? Tatsächlich, ich hatte nicht gemerkt, dass ich in den letzten 40 Minuten einen Halbkreis gelaufen bin, und wieder kurz vor dem Abstieg zu meinem Lieblingsbach war…………! Ziemlich schockiert über diese Tatsache, markierte ich nun einen direkten Kurs auf einen Weg, der vom Susendalen herkommend auf mich zu hielt. Distanz c.a. 10 Kilometer bis dorthin. Was für ein trotteliger Fehler war mir da unterlaufen, das sollte niemals mehr passieren!
Nach rund 3 Stunden, in welchem ich in einem kompletten „White out“ lief, fiel das Terrain endlich langsam ab. Ich kam wieder unter den Nebel.
Als der Reinhagaklumpen in Sicht kam, fand ich tatsächlich eine Spur, diese musste runter ins Susendalen führen. Ich war enorm froh, endlich aus dem Schnee zu kommen. Meine Schuhe, welche schon 2013 rund 500 Kilometer unter Wasser verbracht hatten, waren nach dem Schneedesaster auch nur noch modriges Leder. Mit riesigen Schritten, begleitet von hunderten Rentieren, welche wohl normalerweise um diese Jahreszeit oben im Børgefjell an frischem Gras knapperten, ging`s nun runter ins Susendalen.
Als ich endlich unten an der Strasse ankam wusste ich,…….. den Tag wirst Du wohl nie mehr vergessen!!

Geschafft!!!
Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!
Lernstunde Nr. 2 : Vorausdenken und Handeln
Im Susendalen angekommen, hatte ich eine Adresse zum Furuheim Gård. Dies ist ein Hof mit Unterkunft.
*Einige alte Bauerngehöfte im Susendalen haben sich zusammen geschlossen und ihre alten Gehöfte als Unterkünfte umgebaut und eingerichtet. Hier werden Zimmer und Flats vermietet, oft auch mit Verpflegung. Die traditionellen Gehöfte gleichen zum Teil einem Freilichtmuseum und haben einen unwiderstehlichen Charme.
Infos:Hattfjelldal Turist
Dieser war allerdings in die falsche Richtung, trotzdem nahm ich diese 3 Kilometer auf mich, ich brauchte nun wirklich eine schöne, warme Unterkunft um diesen Tag verarbeiten zu können. Ich war fix und fertig, hatte kaum gegessen und alles war Klitschnass. Als ich dort ankam, wurde ich herzlich empfangen, erfuhr aber auch gleich……..alles ausgebucht, nichts frei !!! Ich Riesenross, warum hatte ich nicht vorher angerufen 😦
Die Besitzerinn rief allerdings sofort ihren Nachbar an, der alte Thorgeir Sørmo hatte ebenfalls eine solche Unterkunft, den Sørgård. Und er hatte alles frei…. wunderbar, und wie weit ist das dorthin ? „Tja, leider habe ich kein Fahrzeug hier momentan, aber es sind bloss 5 Kilometer bis dorthin “ ! Diese Auskunft konnte mich allerdings auch nicht mehr erschrecken, was soll`s, Hauptsache schon bald ein nettes Plätzchen! Der Weg der Strasse entlang war schon fast ein nettes Sonntagsspaziergängchen, nichts konnte mich erschüttern. So kam ich dann kurz nach 13.00 im Sørgård an. Der 82 jährige Thorgeir hatte schon eingeheizt und mir alles bereit gemacht. Was für ein Haus……und alles für mich alleine !
Ich machte Kaffee für uns zwei, obwohl ich total erschöpft war, aber es war richtig spannend mit dem alten Herrn zu reden. Viele berühmte Arktis- und Antarktisforscher habe er schon gesehen hier. Viele würden sich im Winter im Børgefjell auf ihre Expeditionen vorbereiten. Da fielen auch Namen wie Messner, Heyerdahl oder Fuchs. Aber auch viele Norge på langs Läufer. „Doch früher hätten alle mehr Zeit gehabt, heute seien viele nur am rennen und bekämen nichts mehr von der schönen Landschaft mit. Auf einen „Schnak“ komme sowieso kaum mehr jemand vorbei, ich sei da schon eine grosse Ausnahme.“ Nun gut, ich hatte ja wirklich Zeit und solche Begegnungen bereichern eine solche Reise nur ungemein!
Ich schlief wie ein Murmeltier und fühlte mich am nächsten Morgen perfekt ausgeruht. Hätte das nach dem gestrigen Tag kaum gedacht, aber das Logis war einfach wirklich perfekt !
Mein Weg sollte nun also über Hattfjelldal führen. Von dort wollte ich ostwärts halten um zur Krutvasshütte zu kommen. Die 35 Kilometer bis Hattfjelldal waren Strasse und somit gut in einem Tag machbar. Nichts würde darauf hinweisen, dass ich heute noch bis in die Krutvasshütte kommen sollte. Die Sache ist relativ schnell erzählt. Nach 25 Kilometer riss es mir 2 Oesen aus einem Schuh raus. Das Leder hatte nun definitiv seinen Zenit überschritten. Mit Anhalter konnte ich nach Hattfjelldal fahren, hatte dort das riesen Glück, eine junge Sami Frau zu treffen welche Leder Handwerk fertigt und sich meinem Problem annahm. In 15 Minuten war mein Schuh notdürftig geflickt und ich bekam gleichzeitig noch eine Fahrgelegenheit zur Tverrelvnes Hütte, welche auf meinem Weg zur Krutvasshütte lag. Lis setzte mich dort ab und nahm dort ihren Bruder in Empfang. Nette Anekdote: Die beiden gehören zu jener Familie, welche die grösste Rentierherde im Børgefjell halten, und der Bruder war vor 3 Tagen mit dem Skidoo im Fjell….. 😉
Über das Tjuvjodalen gelang ich nun relativ schnell an den Krutvatnet und sass am Abend schon in der Krutvasshütte ( Statskoghütte ), das alles noch mit frischen Lebensmitteln aus Hattfjelldal.

„Streetworking“ Hattfjelldal

Krutvatnet
Nun war ich also wieder auf Kurs. Da ich schon zu Nahe an meinem nächsten Depot in Umbukta war, bestellte ich meine Ersatzschuhe aus der Schweiz nach Sulitjelma, ins dritte Depot. Bis dorthin sollten die Teile noch halten, ansonsten war ja nun Mo I Rana nicht allzu weit entfernt.
Mittlerweile war ich schon 5 Tage im Vorsprung auf meinen Zeitplan. Von jetzt an wollte ich es einiges gemütlicher angehen. Meine Route nach Umbukta sah nun so aus, dass ich die nächsten beiden privaten Unterkünfte in Sivertgården und Steikvasselv gård nutzen wollte, da die Wetterprognose sehr bescheiden war. Danach folgte die DNT Hütte in Gressvass, bevor ich nach Umbukta kam. Jetzt würden also die Tagesetappen auf noch 15 Kilometer runterfallen, jedoch hatte ich im hügeligen Gebiet vom Krut- und Hjartfjellet auch mit Schnee zu rechnen. Die beiden privaten Unterkünfte in Sivertgården und Steikvasselv gård wurden mir wärmstens empfohlen. Ich war gespannt!
Als ich mich in der Krutvasshütte schon um 21.30 im Bett befand, rumpelte es plötzlich draussen. Wer kam da noch um diese Zeit? Ich rieb mir die Augen, als ich da plötzlich zwei junge norwegische Langläufer in ihren Dresses vor der Türe sah. Zwei Nachwuchsfahrer aus dem norwegischen Kader waren beim Fjelljoggen. Unglaublich was hier so alles passiert….! Ich setzte mich zu ihnen an den Tisch und wir plauderten noch lange in die Nacht hinein. Sie kämen gerade aus dem Trainingslager in Meråker, wo sie gerade mit den Schweizer Langlaufbrüder Cologna zusammen trainierten. Ihr dritter Sparingspartner habe aber heute keine Lust gehabt mitzukommen, darum seien sie nur zu zweit. Auf meine Frage, ob ich den kennen würde, gaben sie mir nur so lapidar zur Antwort“ wahrscheinlich schon….Petr Northug “ ! Na, das wäre nun mal was gewesen, mit dem grossen Northug in einer Statskog Hütte mitten in Norwegen am Nudeln mampfen 🙂
Die beiden waren ziemlich müde und waren bald im Bett. So wie ich auch, ich würde am nächsten Tag früh aufstehen, um das noch trockene Wetter so gut als möglich nutzen zu können.

Da kommt etwas auf die Schweizer Langläufer zu !
Am nächsten Tag ging es dann noch bei einigermassen trockenen Wetters los. Das Gebiet ist hier sehr hügelig und es geht andauernd etwas hinauf, wieder hinunter und ist niemals langweilig. Schon bald holten mich die zwei Norweger ein, welche sich für die Spurarbeit im Schnee und die Tafel Ovomaltine Schokolade bedankten. Und schon bald war ich wieder alleine auf weiter Flur.

Austerkrutfjellet
Es war eine kurze Tagesetappe nach Sivertgården, welches ich bei einsetzendem Regen erreichte. Das Haus war leer und ich konnte mich dort herrlich einnisten, bei bollerndem Ofen und gutem Speis und Trank. Sivertgården ist ein absolutes Muss, wahrlich ein Bjoux von einer Herberge und überaus Gastfreundlich.
Obwohl es etwas abseits der Route liegt, fand ich für den Weiterweg einen Pfad hinter dem Gehöft, welcher mich direkt auf den markierten Weg nach Steikvasselv gård brachte. Das Wetter war nun sogar etwas schlechter als tags zuvor, doch alles war ja getrocknet, ich war gewärmt und bestens ausgeruht. Der Weg zwischen dem Hjartfjellet und dem Olfjellet war trotz viel Schnee sehr gut zu begehen. Aber es war den ganzen Tag sehr nass und ich war froh, schon am frühen Nachmittag am Nordvatnet anzukommen, wo mich die Strasse zur Steikvasselv gård bringen sollte.

Øvre Skinnfellvatnet

Tjetterskardet

Brücke über den Storelva

Steikvasselv gård
Die zwei Tagesetappen führten durch eine phantastische Landschaft, welche mir leider etwas zu viel grau aufwies. Doch Wetter ist nun mal Wetter, umso wichtiger werden dann gute Unterkünfte, wo man sich bestens erholen und auch geniessen kann. Eine davon ist die Steikvasselv gård .
Kari und Håkon Økland haben es sich auf die Fahne geschrieben, Gäste nur auf das Beste zu bedienen und eine Umgebung zu schaffen, in welcher man sich total wohl fühlt. Und…. die beiden sind absolute Fans von Norge på langs Läufern. Rund 95% aller Läufer werden den Weg über diese Gård gehen und auch hier einkehren. Bekannt dafür, dass man Tage zuvor anrufen kann wenn man etwas braucht, und es wird besorgt und steht bereit wenn man eintrifft. Das Gästehaus ist wahrlich ein Paradies, alles ist neu und mit viel Herz renoviert. Es steht gratis eine Waschküche zur Verfügung und Handtücher und Bettwäsche können ebenfalls benutzt werden. EIN TRAUM 🙂

Das harte Wandersleben in Steikvasselv
Am Abend sass ich noch fast 2 Stunden mit Kari auf der Veranda. Wir diskutierten und philosophierten über das Leben. Ihr gefalle diese Idee des Norge på langs deshalb so gut, weil sich Menschen hier für etwas aussergewöhnliches entschieden haben. Ihr falle fast bei jedem Läufer auf, dass da im Innern des Menschen auch ein Prozess abläuft, sich etwas verändert. Ganz unrecht hat sie nicht, dass konnte ich nur bestätigen. Kari und Håkon sind auch Menschen, welche sich ihren Traum erfüllt haben mit diesem Gästehaus. Und das merkt man sehr deutlich, man ist hier zuhause! Als dann noch eine schwedische Familie eintraf und mich mit frischen Erdbeeren und zwei, drei Gläsern Sekt bewirtete, war der Tag perfekt!
Einen erholsameren Schlaf als hier, hatte ich wohl die letzten Tagen kaum. Und so war ich am Morgen auf`s beste gerüstet und fit für den Weg durch das Spjeltfjelldalen zur Gressvasshütte. Es war eine Selbstverständlichkeit für Håkon, mich am Morgen mit dem Auto die zwei Kilometer bis zum Wanderweg zu bringen. Ich verabschiedete mich von den beiden und konnte mit gutem Gewissen versprechen, hier nicht das letzte Mal gewesen zu sein!
Als ich wieder alleine auf dem Weg stand, holte ich tief Luft und es entfuhr mir ein riesiger Seufzer. Den es wurde mir nun das erste Mal richtig bewusst, dass sich in 2 Tagen in Umbukta mein Kreis schliessen würde. Es würde wohl ein enorm emotionaler Tag geben, wenn ich morgen von der Gressvasshütte nach Umbukta lief. Es war das zweite Mal, der gleiche Weg, nur mit nun anderen Voraussetzungen, ohne Probleme und mit bester Motivation! Alles lief nun zu meinen Gunsten, nun denn……………auf geht`s !
5.Teil : Polarkreis in Sicht ……….. folgt demnächst !