Teil 6/15 : Schweden ich komme (1.Teil)


Als zweite Alternative zum Saltfjellet und der vielbefahrenen E 6 , lag unmittelbar daneben die alte E6. Diese wäre ruhiger zum laufen gewesen, hatte aber den Nachteil dass es keine Brücke über den dazwischen liegenden Bach gab. Also entweder mit oder ohne Hamburger den Tag bewältigen….. ich entschied mich für den Hamburger.

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E 6

Schon nach acht Kilometern stand ich am Polarkreis. Was für ein Gefühl, einfach unbeschreiblich, ich hatte es wirklich geschafft !

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Polarkreis  66° 33`55„

Doch auf die Freude über das erreichte, erfolgte gleich die Ernüchterung. Überall wuselten Touristen rum, das Polarkreiscenter glich einem riesigen Megastore, es war laut und beengend. Schnell erledigte ich die Nahrungsaufnahme und stiefelte sogleich wieder weiter.

Die dreiundzwanzig Kilometer bis zur DNT Hütte Lønsstua folgten nun der E 6. Das laufen war definitiv kein Problem, es war mehr als genug Platz auf dieser breiten und sehr geraden Strecke. Oft wurde man von den Sattelschleppern fast umgeblasen, doch beinahe jeder kündigte sein Kommen schon mit lautem Gehupe an. Immer wieder hielten Autos an und fragten, ob sie mich mitnehmen sollen. Ab und zu wurde mir wieder etwas zu essen oder trinken angeboten. Der Tag sollte viel unterhaltsammer werden, als ich mir das je gedacht hatte. Eine kalte Bise zog über das Plateau und die Sonne zeigte sich nur selten, aber es war perfektes Laufwetter.

Am späteren Nachmittag kam ich dann in der grossen Lønsstua Hütte an. Doch auch da, kaum Leute. Einzig zwei Dänen bewohnten die Hütte. Die beiden waren die drei letzten Wochen auf Vogelsafari auf den Lofoten. Es wurde ein netter Abend und ihr mitgebrachter irischer Whisky mundete vorzüglich ! Im Hüttenbuch waren Einträge von erfolglosen Versuchen, das Saltfjellet zu erreichen. Die Geröllhalden auf dem Weg lagen unter zwanzig Zentimeter Schnee und das laufen wurde somit zur absoluten Tortur. Mein Entscheid nicht ins Saltfjellet zu gehen, war wieder mal richtig gewesen.

Mein Weiterweg nach Sulitjlema wurde jetzt etwas kurvig. Zuerst ging es über einen Bergrücken und vorbei an den Viskis Seen ins Junkerdalen, dann über einen alten, verfallenen Weg ins Skaiti Tal hinauf, vorbei an der DNT Hütte Trygvebu bis zur ältesten DNT Hütte Argalad. Die Argaladhütte war auch mein Tagesziel. Von dieser alten Jägerhütte wird in ganz Norwegen geschwärmt und ein Besuch musste die logische Konsequenz sein.

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Dibunjåhkå

Über den tossenden Dibunjåhkå Bach ging es hinauf zu den Viskis Seen. Einer dieser hervorragenden DNT Pfade welche bestens markiert und gut instandgestellt sind. Immer noch waren die Temperaturen alles andere als sommerlich mit knapp 10 ° C, doch zum laufen waren sie perfekt. Niederschläge waren nicht auszumachen und der späte Sommerbeginn, hatte den Stechbiestern wohl entgültig den Garaus gemacht, Mücken waren keine zu sehen oder zu fühlen.

Eine wunderbare Wanderung vorbei an den Viskis Seen und schon kam die Vorfreude für das Junkerdalen Turistsenter = Hamburger ! Als ich neben dem alten Skilift vorbeikam, schien mir doch, dass die Zeit etwas am Material genagt hatte. Auch das Turistsenter war geschlossen. Dies zur Enttäuschung vieler Touristen, welche auf der Strasse 77 rüber nach Schweden unterwegs waren und sich hier wohl eine Rast gegönnt hätten. Eigentlich hatte ich hier auch damit gerechnet, etwas meinen Futtervorrat zu verschonen, doch da war nix. Ein älteres Berliner Paar, welches mit dem Wohnmobil unterwegs war, war dann aber so überwältigt von meiner Reise, dass sie mich gleich zu einer riesigen Portion frischen Kuchen und Keksen in ihr fahrendes Zuhause einluden. Na, hat doch noch geklappt und so konnte ich mich auf den Weg ins Skaiti Tal machen.

Den Umweg, der Strasse entlang über die Graddis Hütte, machen die wenigsten NPL Läufer, den es gab da einen Geheimtip. Vom Junkerdalen Turistsenter führt ein altes Strässchen durch das Skifferbrukhammaren Tal hoch. Die Strasse ist allerdings schon lange nicht mehr im Betrieb und hat mittlerweile den Status einer Ruine, Vorsicht war angesagt.

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Skifferbrukhammaren

Zuerst staunte ich über den guten Weg “ ist doch kein Problem “ dachte ich und schon fing das Problem an. Plötzlich war der Weg fortgespült und der Bach führte Hochwasser. Ich kraxelte den Hang hinauf ( was so ziemlich falsch war )  und verlor entgültig den Weiterweg. Nach einem wunderbaren Gang durch hüfthohe, klatschnasse Farnblätter traf ich wieder auf Überreste der Strasse und kam nach rund einer Stunde auf die neue Strasse, welche von Fredheim herkommt. Klitschnass machte ich mich auf den Weg zur Trygvebu Hütte um dort einen Rast einzuschalten.

Hinter dem Campingplatz des Junkerdalen Turistsenters führt eine Brücke Gamforsbrua über den grossen Bach. Gleich danach geht der Weg rechts ab auf die kleine Strasse, welche zum Skifferbrukhammaren führt. ACHTUNG: Der Weg ist eine gute und schnelle Abkürzung, sollte aber mit der nötigen Vorsicht begangen werden. Der Pfad sollte rasch durchgegangen werden, da viele Steine auf dem Weg von Steinschlag zeugen !

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Verdiente Pause in der Trygvebu Hütte

Nun fehlten noch 6 Kilometer zur Argaladhütte, welche durch das Skaiti Tal führten. Dieses Tal ist bekannt für seine vielen Wasserfälle die über die steilen Flanken zu beiden Seiten herunterdonnern. Durch die Talmitte fliesst der Skaitibach. Da die Schneeschmelze noch immer im Gang war, war dies ein besonderes Vergnügen hier durchzuwandern. Ein wunderschönes Tal, auf einem perfekten Trail und das Ganze erst noch mit einer ungeheuren Lust zu laufen. Nun war ich komplett in der Tour angekommen, die Energie war beinahe unerschöpflich und ich merkte nicht einmal mehr, wenn die Tage länger und länger wurden.

Und da lag sie plötzlich vor mir, die Argaldhytta DNT. Tatsächlich, ein wirkliches Kleinod diese beiden Hütten. Die alte Hütte war allerdings scheinbar vor kurzem durch Hundebesitzer bewohnt und roch bestialisch, daher bezog ich die neue Hütte. Beide Hütten haben bloss je 4 Betten und durch ihre Berühmtheit war es doch eine Rarität hier ein freies Bett zu beziehen. Doch es war niemand da und so konnte ich die Ruhe und Abgeschiedenheit dieses wunderschönen Ortes in mich hineinziehen.

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Argaldhytta DNT

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Argaladhytta DNT

Nach einer erholsammen Nacht und einem eisigen Bad im glasklaren Skaitibach, zog ich am nächsten Tag weiter Richtung Balvatnet See. Der Wetterbericht versprach für die nächsten drei Tage eine Verschlechterung, eine Kaltfront sollte Regen bringen. Doch dies sollte mich nicht wirklich stören, da ich nach einer weiteren Hüttenübernachtung, in Sulitjelma ankommen würde wo ein Ruhetag auf dem Plan stand.

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Idyllischer Platz für die Argaladhütte !

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Skaitital

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Schwedische Grenzberge

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Balvatnet

Am Balvatnet wurde der Unterschied zwischen einer Sommer- und einer Winterdurchquerung Norwegens deutlich. Während man im Winter in gut eineinhalb Stunden den See quert, dauert die Seeumrundung gleich mal fünf Stunden. Der riesige Balvatnet See prägt die ganze Region um das Sulitjelma Fjell. Während ich mich auf dem Weg rund um den See, mit hochgehenden Bachläufen und deren schuhlosen Durchquerung beschäftigte, zogen aus dem Sakitital die ersten dunklen Wolken mit ihren Regenbändern aus dem Süden heran.

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Die eigentliche Front erreichte mich allerdings erst, als ich in die vierplätzige Coarvihütte DNT kam. Nun war es am nächsten Tag bloss noch ein „kurzer“ Sprung über eine Naturstrasse nach Sulitjelma. Allerdings lag mein Ziel vier Kilometer südlich von Sulitjelma auf einem Campingplatz dem Sulitjelma Turistsenter und nicht im Dorf selbst. Während meiner Planung kam ich per Zufall auf die Internetseite dieses Campings und fragte dort für eine Paketdepotstelle an. Nie wurde mir je ein negativer Bescheid für eine solche Stelle gegeben. Im Gegenteil, ich konnte sogar noch Wünsche anbringen, wenn etwas besorgt werden musste das ich auf der Strecke nicht bekam. Hier hatte ich allerdings keinen solchen Wunsch, sondern hoffte, dass in den nächsten zwei Tagen ein zweites Paket aus der Schweiz hier ankam. Nach dem ganzen Schnee in den letzten Wochen, schienen sich meine Schuhe trotz täglicher Pflege langsam aufzulösen. Der Schnee und das Wasser schienen selbst dem Nubuk Leder nicht zu bekommen. Doch dieses Schuhpaar hatte schon 700 Kilometer „Wasserlaufen“ aus dem Jahr 2013 hinter sich, jetzt war der Zeitpunkt gekommen auf ein neues Paar zu wechseln.

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Coarvihütte DNT

Auf dem Weg zum Camping in Sulitjelma schienen sich an diesem Sonntag sämtliche Schleusen des Himmels zu öffnen. Es goss in Strömen, doch ich war ja schon bald in einer warmen Hütte und konnte mich an meinem Ruhetag erholen. Unterwegs erhielt ich eine Nachricht von Øyvind. Er traf seine Freundin in Sulitjelma, mit welcher er nun gemütlich zwei Wochen durch Padjelanta gehen wollte. Durch das war ich wieder etwas in seine Nähe gekommen. Er sendete mir ein Bild von der Soriushütte welche kurz nach Sulitjelma war. Mich traf fast der Schlag, da war alles noch voll Schnee, die Seen gefroren und die Wege nicht sichtbar. Es sah aus wie im tiefsten Winter ! Doch scheinbar schien der Schnee relativ kompakt zu sein und das laufen machte weit weniger Mühe als befürchtet. Er teilte mir mit, dass er in der Ny Sulitjelma Hütte hinter dem Abzugsrohr des Kochherdes eine grosse Dose Bier für mich versteckt hatte. Fünf Büchsen seien für ihn genug gewesen 😉 Was für ein toller Freund !

Im Sulitjelma Turistsenter bekam ich eine tolle Hütte von Björn Thomas spendiert. Das Versorgungspaket war da, die Schuhe allerdings noch nicht, doch die sollten am Tag darauf wohl ankommen. Meine Wäsche wurde gewaschen und ich konnte mich kulinarisch auf die Kochkünste Björn Thomas freuen. Der Ruhetag war regnerisch und sehr kühl. Wenn ich zu diesem Zeitpunkt gewusst hätte, dass dies mein letzter wirklicher Regentag auf der Tour 2015 sein sollte……ich hätte wohl stundenlang gejubelt. Die Schuhe kamen dann tatsächlich und Björn Thomas fuhr mich auch noch zum einkaufen nach Sulitjelma.

Nun hiess es am nächsten Tag, Norwegen für rund zwei Wochen auf Wiedersehen zu sagen. Die norwegische Seite ist kaum begehbar für einen Norge på langs Läufer. Der Rago National Park ist zu gebirgig und zu wild. Aus diesem Grund weicht man auf den Padjelantaleden aus und läuft über Ritsem bis nach Abisko hoch. Das bedeutet aber auch wenig Proviant Nachschub und Möglichkeiten Essen zu erhalten. In Sulitjelma wird daher der Rucksack mit allerlei Köstlichkeiten und Nahrhaftem bis ans Limit geladen. Doch einen Haken hat die ganze Sache…….. Von Sulitjelma bis zur Ny Sulitjelma Hütte hoch führt eine sehr steile Kiesstrasse hoch und hier muss dieser schwere Rucksack auch hochgeschleppt werden. Einziger Trost ist, die Ny Sulitjelma Hütte hat Strom und sogar Warmwasser und ist zudem eine sehr gemütliche Hütte des DNT.

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Sulitjelma

Nach vier Kilometer, fünfhundert Höhenmetern und einem dreissig Kilogramm schweren Rucksack war die Energie aus dem Ruhetag auch schon praktisch aufgebraucht ! Was für eine Plackerei !!

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Ny Sulitjelma DNT

Die Hütte war wirklich sensationell schön und ein bleiben war eigentlich schon fast ein Muss. Doch da zogen plötzlich die Wolken vom grauen Himmel weg und die Sonne kam immer mehr hervor, sollte es vielleicht heute noch weitergehen?

Ich würde jetzt wohl ziemlich böse in den Schnee kommen, da der Weg bis über tausend Höhenmeter ansteigt. Aber ich könnte es wohl gut bis zur letzten norwegischen DNT Hütte, der Soriushytta, schaffen. Es war erst 11.00 Uhr und die Distanz war mit gut zehn Kilometern angegeben. Schnell eine Pause gemacht, das Bier hinter dem Abluftrohr hervorgekramt und weiter ging`s. Und es wurde tatsächlich ein absoluter Traumtag. Die Sonne schien warm und die Temperaturen stiegen ebenfalls auf T-Shirt Wetter an. Dies merkte man aber jetzt auch dem Schnee an, er wurde immer weicher und ich gab etwas Gas, um so bald als möglich in die Hütte zu kommen.

Es kostete mich doch einiges an Kraft, mit diesem schweren Rucksack im weichen Schnee bis auf den tausend Meter hohen Pass zu kommen. Doch dieser Hammertag war die grösste Belohnung dafür. Und schneller als gedacht, kam dann die Soriushytta DNT in Sicht.

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Soriushytta DNT

Das Bild dass sich da oben zeigte war absolut umwerfend. Ich schaute zur Sicherheit nochmals auf den Datumszeiger meiner Uhr, doch der zeigte unbeeindruckt schon fast Ende Juli an. Doch ich sah mit meinen Augen höchstens April, wenn nicht März ! Kein Wunder war da auch in der Hütte niemand anzutreffen. Und was für eine Hütte, die ich da wieder betrat.

Wow….. war meine einzige Reaktion, sowas von gemütlich! Schnell hatte ich mein Zimmerchen vereinnahmt und raus ging es auf die Terrasse, da war ja noch was….

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Øyvind….. das werd ich Dir nie vergessen 🙂 Nach solch einem Tag, ein kühles Bier und ein paar Erdnüsse von Björn Thomas……… die Norweger wissen wie man Menschen verwöhnt! Am Abend waren plötzlich schwedische Stimmen zu hören. Eine etwas zerzauste schwedische Grossfamilie mit drei Kindern stand plötzlich vor der Türe. Doch sie wollten mich nicht stören und würden die alte Hütte beziehen, sie seien eh nicht Mitglied des DNT. Obwohl ich sie überreden wollte einzutreten, liessen sie es mit einem lächeln bleiben. Sie waren seit zehn Tagen ! von Ritsem unterwegs. Der Vater trug das Ganze Gepäck von Hütte zu Hütte, lief dann zurück um die Familie zu holen usw. Im Schnitt lief der Mann jede Etappe mindestens drei Mal!! Die Kinder und die Frau waren schon ziemlich auf den Felgen und jetzt wollten die auch noch nach Sulitjelma…. Mann oh Mann, dachte ich, was soll das denn. Zwei Stunden später kam der Vater erneut zu „meiner“ Hütte und fragte, ob ich nicht etwas zu Essen für die Kinder hätte, sie seien hungrig und ihr Proviant sei ausgegangen. Ausgerechnet ich, der sowieso schon rationieren musste für die grosse Distanz die vor mir lag. Doch ich hatte wirklich Mitleid mit den Kids, konnten sie doch nichts dafür dass sich die Eltern so verplant hatten. Ich gab dem Mann einen meiner Trockennahrungsbeutel und eine Tafel Schokolade und wies ihn an, morgen möglichst früh loszugehen, um dem weichen Schnee vorzukommen. Er bedankte sich tausend Mal und segnete mich zum Dank dafür. Öha…… von da bläst der Wind, dachte ich, naja der Herrgott wird ihnen den Weg schon zeigen…

Meine Tagwache war schon um 5.00 , denn auch ich wollte dem weichen Schnee aus dem Wege gehen. Doch um 6.00 würde die Sonne halt auch schon fast vier Stunden am Himmel stehen, der hohe Norden lässt grüssen. Es war stahlblauer Himmel am nächsten Tag und es war auch schon toll warm an der Sonne, obwohl ein kühler Wind blies. Nach dem Frühstück lief ich los, die schwedische Familie war noch im Tiefschlaf, und trottete den Spuren der  anderen vom Vortag Richtung Norden nach.

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Nun war ich also auf der Nordkalottruta unterwegs. Dieser Fernwanderweg fängt hier im norwegischen Gebirge an, sowie auch im östlich gelegenen schwedischen Kvikkjokk und führt 800 Kilometer nordwärts nach Kautokeino in der Finnmark. Der erste Teil kombiniert sich mit dem Padjelantaleden Fernwanderweg. Diesen Weg würde ich dann in Staloluokta kreuzen.

Zuerst führte der unter Schnee liegende Weg, dem Sårjåsjávrre See entlang bis zu seinem östlichen Ende wo die kleine STF Hütte Sårjåsjaure Fjellstuga des schwedischen Verbands lag. Auf halbem Weg lag die Grenze zu Schweden und das Einfallstor zum Padjelanta National Park und dem UNESCO World Heritage LAPONIA. Und…. laut meinen schwedischen Wanderfreunden von gestern…. war dies auch gerade die Schneegrenze, danach sollte kaum mehr Schnee auf dem Weg liegen.

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Auf zu zwei Wochen Schweden…. die Farben passen !

Tatsächlich, kaum war die Hängebrücke an der Grenze überwunden, schien sich der Schnee in die Höhe zurückzuziehen. Dies hatte ich nach den Bildern von Øyvind nicht erwartet, war aber trotzdem sehr erleichtert. Die Lauferei in angetautem Schnee, mit diesem Gewicht am Rücken war enorm zehrend.

Für Schweden hatte ich zwar einen detailliertern Plan betreffs der Distanzen, doch ich hatte ehrlich gesagt kaum Ahnung, was da auf mich zukommen sollte. Nach der vier plätzigen kleinen STF Hütte am Ende des Sårjåsjávrre Sees, folgten die nächsten Tage Hütten die im Eigentum der Sami Bevölkerung waren und auch betrieben wurden. Tagesziele hatte ich mir keine gesteckt, ich wollte einfach mal schauen wie es „läuft“ und wie weit ich kam. Die Wetterprognosen waren auf lange Zeit hinaus optimistisch und es sollte ziemlich stabiles Wetter herrschen. In diesem Gebiet gibt es absolut keinen Mobilfunkempfang mehr und Informationen von aussen, würden erst wieder kurz vor Ritsem eintreffen. Das würden spannende Wochen werden……….

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Schwedische Wegmarkierungen…….

Der erste grosse Unterschied in Schweden, waren nun die orangen Wegmarkierungen. Waren diese in Norwegen noch rot und mit einem grossen T versehen, waren es in Schweden orange Farbkleckse auf Steinen. Dies bei einem hohen Anteil an orangen Flechten auf den Steinen, da stellt sich natürlich die Frage…….. wem zum Teufel kommt so ein Blödsinn in den Sinn 😉 Nun, hier war der Weg ja einfach zu finden, doch dies sollte nicht immer so sein.

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Stáddájåkkå

Nachdem der grosse Sårjåsjávrre See hinter mir lag, führte das Tal einige Höhenmeter runter Richtung Stáddájåkkå. Die Landschaft öffnete sich augenblicklich und eine atemberaubend schöne und weite Landschaft lag vor mir. Kaum unterwegs, nach einer Pause an der kleinen STF Hütte, traf ich auf eine Grossfamilie. Ein junges Paar mit ihren zwei Kindern und ein älteres Paar. Der junge Mann sprach mich sofort freundlich an und an seiner Beschriftung auf dem Arm, konnte ich einen Ranger des UNESCO Welterbes erkennen. Er erklärte mir, dass er der Stugvärd ( Hüttenwart ) der Stáddájåkkå Hütte sei, welche er mit seiner Frau, ebenfalls Rangerin, und den Kindern bewirtschafte. Er fragte mich nach den Verhältnissen des Weges nach Sulitjelma und erzählte, dass alle Leute bei ihm umkehrten, weil sie Angst vor dem vielen Schnee in den Bergen hätten. Nun sei alles leer in der Hütte und das würde ihm und seiner Familie Gelegenheit für einen sonntäglichen Ausflug geben. Ich sagte ihm, dass ich vorhabe bis nach Staloluokta zu gehen, worauf er mir anbot, doch bei ihm in der Hütte zu bleiben. Ich könne die neueste und grösste Hütte für mich in Beschlag nehmen, da werde kaum mehr jemand anderes kommen heute und……… er habe auch einen kleinen Kiosk mit kaltem Bier und Essen ! Ich verabschiedete mich bei den freundlichen Leuten mit dem Hinweis, dass ich mich unterwegs entscheide, ob ich bleiben oder weiter nach Stalo gehen würde.

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Stáddájåkkå Hütten

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Die neue Stáddájåkkå Brücke

Schon bald kamen die Hütten in Sicht. Die Lage war traumhaft, das Wetter perfekt und am Ende des Tales, Richtung Staloluokta, sah man einige Regenschauer vorbeiziehen. Ach was soll ich da weitergehen, dachte ich mir, ich hatte ja mehr als genug Zeit. In der Soriushütte hatte ich mein Zeitmanagement mal wieder unter die Lupe genommen und gesehen, dass ich immer noch 5 Tage voraus war. Ich konnte ohne weiteres einen Gang zurückschalten und den Lauf geniessen. Kurz vor den Hütten kam eine der riesigen Stahlhängebrücken in Sicht, welche nun vermehrt in den nächsten zwei Wochen das Bild des Weges säumen würden.

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Stáddájåkkå Hütten

Tatsächlich war die grosse Hütte leer und ich quartierte mich gemütlich ein. Nun schleppte ich ja ein Zelt mit und der Platz wäre hervorragend für`s campieren gewesen. Ich schien langsam in einem Alter zu sein, in dem ich meine Komfortzone etwas höher geschraubt hatte. Mit 46 Jahren hatte ich schon viel campiert und die Hütten hatten einen enorm hohen Qualitätsstandart, der ein einfaches Handling erlaubte. Natürlich war dieses Jahr der grosse Vorteil, dass ich praktisch immer alleine in den Hütten war und mich so ausbreiten konnte. Obwohl die schwedischen Hütten nicht annähernd so gemütlich und zudem überrissen teuer sind, war es doch verlockend, einfach den Rucksack hinzustellen, Penntüte auszupacken, auf dem Gasherd kochen und am Morgen nicht noch lange warten müssen, bis das Zelt einigermassen trocken war. Mein Budget war auf Hüttenübernachtungen ausgelegt, so konnte ich auch den finanziellen Rahmen unter Kontrolle haben.

Am Abend kam dann die Hüttenwartsfamilie zurück und kümmerte sich herzlich um ihren einzigen Gast. Ich lernte unheimlich viel über LAPONIA kennen von den beiden, es stellte sich sogar heraus, dass die zwei sehr engagiert im Aufnahmeprozess durch die UNESCO involviert waren. Das Leben der Sami und ihre Rentierzucht, das Leben der Hüttenwarte im Welterbe, die Geologie und auch die Ökonomie der National Pärke war extrem spannend. Das Abwägen ob der Massentourismus nun positive oder negative Auswirkungen auf das Land hat……. wirklich grosse und vorallem schwierige Fragen. Ich bekam viele Infos betreffs des Weiterwegs sowie über die Fauna und Flora von LAPONIA. Wie zum Beispiel der…….

Ein weiterer grosser Vorteil, wenn man Hütten aufsucht !

Bestens mit Informationen über Land und Leute gewappnet, verliess ich am nächsten Tag diesen herzlichen und wunderschönen Ort. Bø, die Hüttenwartsfrau, steckte mir noch ein grosses Stück getrocknetes Rentierfleisch zu und so marschierte ich los. Die ganze Familie winkte mir noch lange nach, was mir fast die Tränen in die Augen trieb.

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Gáhpesluopal See

Ein kurzer Regenguss zog an mir vorbei und weiter ging es, nach Staloluokta.

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Stálojåhkå  Fluss

Entlang des Stálojåhkå Flusses zog ein gemütlicher Pfad über gut zehn Kilometer nordwärts. Immer wieder traf man auf Informationstafeln, welche das Leben der Sami und ihrer Rentierzucht beschrieb. Leute traf man hier keine, es war definitiv der wohl ruhigste Ecken des Padjelanta National Parks. Und endlich, ein weiteres Highlight kam ins Blickfeld, der Virihauresee.

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Virihaure See

Dieser riesige See bedeckt grosse Teile des Padjelanta National Parks. Nahezu spiegelglatt lag er da vor mir ausgebreitet und faszinierte mich über alles. An dessen unterem Ostende, lag Staloluokta, der „Hauptort“ dieses Gebietes.

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Staloluokta

Staloluokta ist die grösste Samisiedlung im Padjelanta National Park und auch die am meisten frequentierteste für Touristen, denn……….

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Hubschrauber Flugplatz Staloluokta

…..dieser Ort hat einen eigenen Hubschrauber Flugplatz, welcher täglich von zwei Firmen ( Fiskflyg / Arctic Air ) mit mehreren Flügen, nach festem Flugplan angeflogen wird. Staloloukta und weitere Sami Siedlungen sind nur über die Luft erreichbar. Die vielen Flüge täglich von Kvikkjokk oder Ritsem aus, inmitten dieser unglaublichen Stille und Einsammkeit, muten schon etwas befremdlich an, obwohl mich, als Hubschrauber Piloten, sicher das ganze Treiben in der Luft weniger auffiel. Doch es sieht dann schon etwas komisch aus, wenn Wandervögel in Flip Flops eingeflogen werden, welche zwei, drei Stunden den Samis die Hütten einrennen und sich danach wieder mit dem Hubi aus dem Staub machen. Doch schlussendlich ist es auch ein Geschäft für die Samis, so kommt Geld in die Kasse und ihre Siedlungen können so einfacher bewirtschaftet werden.

Als ich in die Nähe der Siedlung kam, traf ich auf den Padjelantaleden, welcher hier von Kvikkjokk herführte. Sofort stand ich inmitten anderer Wanderer und die Einsammkeit hatte ein abruptes Ende gefunden. Irgendwie hatte ich aber keinerlei Lust auf all die Menschen ( man beachte, dass mich schon dreissig Leute auf einem Haufen aus der Fassung bringen ) und so stiefelte ich ziemlich schnell durch die Siedlung hindurch. Ich war noch gut drauf und die Lust war da weiterzugehen, so setzte ich für heute das Ziel in Arasluokta.

Demnächst: Schweden ich komme (2.Teil)