Teil 8/15 : Von Land zu Land
Da lieg ich nun am Abend in dieser Hukejaure Hütte und schaue an die Decke des kleinen Abteils mit vier Betten. Obwohl die Hütte wieder gut ausgebucht ist, habe ich ein Abteil für mich. Ein Privileg, das ich die ganze Reise über immer wieder erlebe und geniessen kann. Die Menschen sind immer wieder so sehr beeindruckt von dieser Norge på langs Geschichte, dass ich praktisch überall bevorzugt bedient und behandelt werde,…… obwohl ich das eigentlich überhaupt nicht will !
Eine tiefe, innere Zufriedenheit lässt mich in meiner Penntüte genüsslich schmunzeln und meine Gedanken kreisen wirr durch die ganze Geschichte meiner Reise. Was für eine riesiger Unterschied von 2015 zu 2013. Dieses Jahr läuft alles so rund und perfekt, das Wetter stimmt und auch mein Körper macht was ich von ihm verlange. Klar, das eine oder andere Zipperlein hier, dann zwickt und zwackt es da, bin ja auch nicht mehr zwanzig und so soll es wohl auch sein. Doch ich bin vollends im Frieden mit 2013. Die Erlebnisse waren immens und ich denke, ich kann sagen dass mich 2013 auch Mental stärker gemacht hat.
Doch es ist auch die Geschichte Tags zuvor die mich zum lächeln bringt. Auf dem Weg von Ritsem nach Sitasjaure, setzte ich mich für eine kleine Pause hin und nehme mein GPS Gerät zur Hand. Aus Neugier gebe ich die Koordinaten vom Bynavollen Parkplatz ein, mein Startort 2015, und auch die Koordinaten vom Nordkapfelsen. Ich muss mehrere Male auf den Bildschirm schauen, bis ich glauben kann was ich da sehe. Ich sitze doch tatsächlich, luftlinienmässig exakt auf den Kilometer genau, auf der Mitte meiner Tour 2015…..unglaublich!! Die Hälfte ist also schon geschafft. Und mit diesen Gedanken werde ich wohl an diesem Abend, mit dem breitesten Lächeln dass je auf meinen Lippen stand, einschlafen.
Am Morgen setzt sich der Hüttenwart mit einer Karte neben mich und gibt mir noch ein paar Tipps für den Weiterweg. Er war vier Tage zuvor in der Gautelishütte drüben und erzählte, dass der Weg nun einigermassen gut sichtbar sei. Bis vor zehn Tagen lag Hukejaure und die Umgebung noch tief unter dem Schnee und die Seen waren noch gefroren. Er hat in Gautelis einen Deutschen getroffen, der vom Norden über den Pass kam, welcher ich beabsichtige zu überqueren. Es habe noch Unmengen Schnee, doch es sei machbar. Er gab mir auch noch mit auf den Weg, dass ich auf den nächsten zwanzig Kilometer wohl den Flora und Fauna reichsten Weg Norwegens laufen werde. Ich solle die Augen und Ohren aufmachen, es lohne sich.

Regenbogen über Hukejauresee
Und so mache ich mich auf, Richtung der norwegischen DNT Hütte Gautelis.

Vanasjávri
Was für ein Königswetter ! Der Wind war immer noch ziemlich kalt doch die Sicht war dafür unglaublich klar.
Kaum bin ich nach Gautelis abgebogen, überfliegt mich, von hinten kommend, eine riesige Schneeule. Mit ihrer Spannweite von c.a. 1.50 cm. und dem noch schneeweissen Gefieder, zieht sie majestätisch im Tiefflug vorbei. Ich setze mich hin und bewundere den riesigen Raubvogel, wie er immer und immer wieder seine Kreise zieht. Nach gut einer Stunde verlässt er mein Blickfeld, doch eh ich mich wieder auf den Weg machen kann, zieht schon der nächste grosse Raubvogel an mir vorbei. Ein seltener Fischadler scheint von der Eule angelockt worden zu sein und fliegt in die gleiche Richtung davon. Ich kriege kaum noch Luft vor lauter staunen und setze nun endlich meinen Weg fort. Der Hüttenwart hat nicht zuviel versprochen, denn es geht den ganzen Tag im gleichen Stil weiter. Drei verschiedene Adlerarten, fünf Bussardarten und viele Dutzend verschiedene Kleinvogelarten bevölkern das Gautelisfjellet an diesem Tag.

Sälkagebirge

Rivgojiehkki und im Vordergrund der Tjårvejauresee
Schon bald folgt die norwegische-schwedische Grenze…..
Die Pflanzenwelt ist erst spärlich vorhanden, kein Wunder, wenn hier vor kurzem noch Schnee lag. Doch es lässt sich anhand der vielen Grasarten nur schon erahnen, wie das hier in c.a. einer Woche aussehen wird.

Die weisse Kuppe des Kebnekaise
Im Rücken zieht die weisse Kuppe des Kebnekaise vorbei. Schwedens höchster Berg war 2013 noch ein Tourenziel, doch 2015 besitzt er keine Priorität mehr und ich geniesse dafür den Nordkalottleden, wie er schöner nicht sein könnte.

Wasserausfluss des Coarvejávrisee

Gautelisvatnet, im Hintergrund die Berge um Sitas
Dumm gelaufen
Und dann…… dann musste wohl kommen, was nie hätte kommen dürfen…….

Hangtraverse nach Gautelis ( das letzte, kleine Schneefeld am linken, unteren Bildrand )
Voller Enthusiasmus und Freude ziehe ich Kilometer um Kilometer näher an Gautelis heran, als ich schon aus gut hundert Metern Distanz, dieses kleine, knapp fünf mal acht Meter grosse Schneefeld sehe. Es liegt genau auf dem Weg, wie so viele in den letzten Stunden, und darunter scheint ein kleiner Bach durchzufliessen. Ich sage noch laut zu mir, soll ich jetzt rechts oder links herum gehen, auf jedenfall nicht darüber!! Ich sage es mir immer wieder und wieder und……….da stehe ich doch tatsächlich mitten auf dem Schneefeld. Und bevor ich reagieren kann, sinke ich mit dem linken Bein durch den Schnee und bleibe knapp dreissig Zentimeter darunter auf einem Stein stehen. Die Reaktion folgt sofort mit dem linken, doch dieses rauscht durch den Schnee hindurch und ich knalle mit dem Knie voller Wucht auf einen Stein.Vorüber lande ich mit dem Gesicht im Schnee und bleibe liegen. Als der erste Schock durch ist, rapple ich mich auf und flüchte ans „trockene Ufer“. Ich schmeisse meinen Rucksack hin und schreie so laut ich kann. Nicht vor Schmerz, sondern vor Wut……. man bin ich wütig, ich bin so wütend wie ich es noch nie war. Was für eine Schnarchtüte, ein Riesenross, ein Volltrottel muss ich sein, solch eine beknackter Fehler darf nicht passieren. Als der erste Rauch verblasen ist, kontrolliere ich mein Knie. Ich kann keinen Schaden feststellen, alles bewegt sich wie es soll und auch das Knie kann ich normal biegen, wenn auch mit einem dumpfen Schmerz. Doch es ist kein stechender Schmerz und das deutet doch darauf hin, dass ich nichts gebrochen oder abgesplittert habe. Ich kühle zehn Minuten mit Schnee und atme tief durch. Man das war knapp, wie wenig hätte gefehlt, ein spitzer Stein oder eine Kante und ich würde nun hier sitzen mit dem SPOT Notsender in der Hand und Alarm auslösen. Die Hütte ist noch eine Stunde entfernt und dort ist sicher niemand und die beiden jungen Schweizer, welche ich in Hukejaure getroffen habe und die auch nach Gautelis wollen, werden erst einige Stunden später hier vorbeikommen, wenn sie nicht vorher campieren.
Sachte mache ich mich wieder auf den Weg und komme dann nach gut einer Stunde, in Sichtweite der DNT Gautelishytta.

DNT Gautelishytta

Empfangskomitee der Hütte
Mittelerweile ist es etwas wärmer geworden und ich entschliesse mich, die Kühlung des Knies gleich auf eine Ganzkörperkühlung auszudehnen. Schnell die Sachen in die Hütte und rein in den See…..

Gautelishütte
Nach einem mehr oder weniger kurzen, aber erfrischendem Bad und einem guten Nachtessen, treffen dann auch die beiden Schweizer Jungs ein. Wir geniessen alle einen absolut überwältigenden Abend am Gautelisvaten….
Während am nächsten Tag die beiden Schweizer südwärts dem Nordkalottleden folgen, geht mein Weg nordwärts Richtung Cáihnavággihütte. Kurz nach Gautelis stehe ich tatsächlich noch im Schnee. Doch der Schnee ist noch fest gefroren und erleichtert nun das vorwärtskommen ungemein, da sich hier normalerweise ein riesiger Haufen Geröll auf dem Weg befindet.

DNT Gautelishytta
Auf dem steilen Weg empor Richtung Pass merke ich mein Knie deutlich. Es brummt und der Bewegungsablauf ist nicht optimal, doch ich hatte definitiv Glück im Unglück. ( Das Knie werde ich noch bis fast zum Schluss der Tour spüren. Nachträglich stellte sich heraus, das die Kniescheibe leicht eingerissen war. ) Doch ich komme super vorwärts und schneller als gedacht stehe ich schon auf dem Pass.

Mit Herz an die Sache heran…..

Hätte fast ein High Noon gegeben !
An diesem Tag soll sich das Wetter verschlechtern und tatsächlich, auf dem Pass ist die Wetterfront auch schon deutlich zu sehen. Nix wie runter in die DNT Cáihnavággihytta, die mir von einem guten Freund wärmstens empfohlen wurde.

Cáihnavággisee
Als ich zu den Hütten komme, ist natürlich wieder mal niemand da. Doch sie war voll letzte Nacht, ich habe die Leute kurz zuvor noch Richtung Gautelis laufen sehen. Zuerst ein Blick in die grosse Hütte…..nicht übel, doch wie sieht es denn in der neuen, kleinen Hütte aus ?
Als ich einen Blick hineinwerfe, zieht es mir die Schuhe aus. Wow !!! Was für ein Häuschen……..
Riesige Fenster geben einen wunderbaren Blick ins Fjell und es ist einfach urgemütlich hier. Keine Frage in welcher ich mein Nachtquartier einrichte. Das ich auch diese Nacht alleine bleibe hier oben auf tausend Höhenmeter, überrascht mich kaum mehr. Diese schnuckelige Hütte für mich zu haben, ist schon ein absolutes Glücksding.
Selten so gut geschlafen, erwache ich bei stockdickem Nebel und Nieselregen draussen vor den Fenstern.

Cáihnavággihütte
Nun gut, heute stehen gerade mal knapp fünfzehn Kilometer auf dem Plan bis zur Cunojávrihütte. Es wird der zweitnässeste Tag der Tour werden und ein Tag, an dem es viele Nerven braucht!

Cáihnavággi Tal

Brücke über den Kalikselva Bach
Nachdem es fast zwei Kilometer durch mannshohe, nasse Fjellsträucher geht, werde ich an der Brücke über den Kalikselva von tausenden Mücken zerstochen, um dann schliesslich bei strömendem Regen noch eine heikle Watung über den Gállanjohka Bach zu geniessen. In den Bergen hatte es wohl die ganze Nacht gegossen und der Bach war beinahe fünfzig Meter breit und reissend. Das waten bereitet kaum Spass, da es vor allem auch noch aus allen Kübeln giesst.

Gallanbuolda Tal
Nach der Querung des Baches, entspannt sich die Lage etwas und ich komme wieder vorwärts, vorwärts in den nächsten Dussel! Nun verlaufe ich mich auch noch und stehe plötzlich vis a vis von der DNT Cunojávrihytta. Dazwischen ein etwa zwei Meter tiefer, breiter Fluss ! Also zurück, etwa zwei Kilometer bis ich die Hängebrücke über den Fluss finde. Und endlich, da ist sie die Hütte, doch was ist das ? Eine grosse Hütte ist da, eine zweite kleine Hütte ist mit Schloss gesichert und die dritte raucht als kleines Aschenhäufchen noch so vor sich hin ???? Scheinbar wird hier eine neue Hütte gebaut ( die alten werden oft abgefackelt ). So betrete ich die, die noch offen ist und sehe in rund zwei dutzend verdutzte Augenpaare. “ Was noch einer ? “ denken sich alle hier, als ich eintrete. Die Hütte ist gerammelt voll und es ist noch nicht mal 15.00 Uhr.
Ab nach Schweden
Nach einer Suppe und ein paar netten Worten mit den Leuten in der Hütte, entscheide ich mich gleich weiter zur Unna Allakas Fjällstuga nach Schweden rüber zu gehen. Das Wetter ist etwas besser geworden und die fünf Kilometer werde ich wohl locker schaffen, denke ich. In der Hütte hängt ein Zettel, auf welchem steht, dass die Brücke oberhalb Cunojávri defekt ist und man nicht rübergehen soll. Doch der Zettel scheint schon etwas älter zu sein. Alle Leute in der Hütte sind über den gefährlich hochgehenden Bach neben der Hütte gewatet. Ich will mir das mit der Brücke mal aus der Nähe ansehen und sage den Leuten dass, wenn ich nicht zurückkomme, die Brücke wohl in Ordnung ist und sie den Zettel entfernen sollen.
Die Brücke ist wie erwartet in bestem Zustand und ich kann locker den Bach queren. Der Weg danach ist es aber nicht und ich verlaufe mich andauernd in dem Gestrüpp und den Flachbirken. Mittlerweile kocht es in mir, denn derjenige welcher die Wegmarkierungen angebracht hat, hat wohl mittlerweile auch schon lange das Zeitliche gesegnet. Doch ich pflüge wie ein Bulldozer durch die Prärie und knapp eine Stunde später stehe ich vor der STF Hütte Unna Allakas

STF Unna Allakas
In der schwedischen Hütte werde ich freundlich von Björn dem Hüttenwart empfangen und er bestätigt mir, dass es auch noch ein Plätzchen für mich hat, obwohl die Hütte ziemlich voll ist. Und…… er hat auch noch einen grossen Kiosk mit Essen, Mineralwasser und BIER !!! Jawohl, jawohl, jawohl, genau das brauche ich jetzt ziemlich dringend nach diesem Tag. Doch es ist auch gerade etwas hektisch hier, Björn erzählt mir, dass gerade eine Rettung eines Wanderers im Gange sei, welcher sich auf einem nassen Bohlenbrett ein Bein gebrochen hat. Nun wird auch gleich ein Hubschrauber einfliegen, um seine Familie hier abzuholen.
Danach hat Björn endlich etwas Zeit, informiert sich bei mir nach meinen Plänen und spendiert mir gleich die erste Dose auf mein Norge på langs. An diesem Abend werden es dann definitiv noch ein paar Dosen mehr sein, doch ich habe sie mir redlich verdient. Ich lerne zwei junge Stockholmer kennen und eine nette Mitfünzigerin aus Oslo. Alle kommen von Alesjaure rüber und sind die letzten Tage auf dem Kungsleden gewandert. Sie wirken ziemlich „groggy“ auf mich und wohl auch froh am nächsten Tag in Abiskojaure anzukommen.

Unna Allakas
In der Abendsonne erfahre ich auch noch von Björn, dass er 3 Monate hier in Unna den Stugvärd macht, bevor er wieder zurück in den schwedischen Reichstag als Abgeordneter für die Sozialdemokraten Einsitz hat…… was man hier nicht alles für Leute trifft ….!

Gamajávri
Am nächsten Morgen geht es gemütlich dem Gamajávri entlang Richtung Abiskojaure. Es sind doch schon einige Leute unterwegs und man sieht jetzt auch deutlich die Unterschiede im Verhalten der Wanderer. Die Unfallstelle von gestern wäre eigentlich problemlos gewesen, doch Turnschuhe auf nassen Holzbrettern, welche ein paar Zentimeter unter Wasser sind, bewähren sich definitiv nicht. Die Mücken haben nun auch die Überhand in der Lufthoheit übernommen.
Doch mit langen Kleidern und einem Moskitonetz ist dies nicht wirklich ein Problem.

Berg Giron am Horizont

Ábeskojávri See

Abiskojaure STF
Ich ziehe gleich bis zur STF Hütte Abiskojaure durch, da meine Vorräte langsam zur Neige gehen. Campieren ist dort allerdings schon kaum mehr möglich…..übervoll !! Die Schlafsäle machen nun auch nicht wirklich einen gemütlichen Eindruck, aber es hebt meine Stimmung, als meine drei Freunde von gestern Abend ebenfalls eintreffen. Hier hat es keinen Kiosk sondern mehr ein Shoppingcenter, was natürlich die Auswahl für das Nachtessen deutlich erhöht. Im Minutentakt fliegen Hubschrauber ein und bringen „Wanderer“ und Gepäckstücke mit. Auch wird viel Material für den, nächste Woche anstehenden, Fjällräven Classic Lauf eingeflogen. Der Alptraum schlechthin, wer es genau auf diese Woche hier hin schafft. Hunderte begabte und weniger begabte Wandervögel, welche sich über den Kungsleden kämpfen und eine wenig appetitliche Spur hinlegen. Ein an Kommerzialität nicht mehr zu überbietendes Schauerspiel. Ein Glück dass ich es noch rechtzeitig hier vorbei schaffe. Die beiden Hüttenwarte sind jämmerlich überlastet, probieren aber trotzdem den komplett überissenen Preisen gerecht zu werden. Selbst das einminütige Telefon für die Reservierung eines Zimmers in Abisko, schlägt mit fünfzig Kronen zu Buche. Doch es ist mir es wert, morgen dort für zwei Nächte etwas auf sicher zu haben.
Die Nacht ist schlicht grauenhaft und wir vier sind froh, am Morgen früh loszulaufen. Die 15 Kilometer bis Abisko sind auf dieser Autobahn recht schnell bewältigt. Links und rechts des Weges sind dutzende Zelte, ja ganze Zeltdörfer entstanden und ich frage mich wirklich, wie angenehm dass das wohl sein muss, hier noch zu wandern.

Kungsleden
Während dem laufen schalte ich nun mein Smartphone wieder ein und es beginnt gleich zu rattern. Seit Ritsem gab es keinen Empfang mehr, was ich als überaus angenehm empfand und ich jederzeit wiederholen kann, doch ich freue mich auch, mal wieder etwas von Zuhause zu hören.
Eine wichtige Nachricht kommt auch von meinem Freund Henning. Er ist vor ein paar Tagen hier in Abisko eingetroffen, und hat ein Proviantpaket für mich in der STF Turiststation deponiert. Er ist mittlerweile am Nordufer des Torneträsk See unterwegs und ist auf dem Weg, den Altevaten See zu umrunden. Es ist schon seit längerem unser Plan, uns im Dividalen in der Dividals Hütte zu treffen. Doch dies ist natürlich über Wochen im voraus kaum planbar und äusserst schwierig zu „timen“.
In den letzten zwei Wochen habe ich sehr viel Tempo rausgenommen und wesentlich kürzere Etappen eingelegt, da ich im Zeitplan immer noch weit voraus bin. In Absiko ist ein weiterer Ruhetag angesagt und wenn alles klappt, werde ich unterwegs im Övre Dividals National Park noch einen weiteren Ruhetag einlegen können, bevor ich zur Dividals Hütte komme. Dies freut mich umso mehr, da ich mich schon seit Jahren auf diese Gegend freue. Es könnte also klappen !

Kungsleden geschafft !!
Ich bin in Abisko !!! Was für ein Gefühl breitet sich aus. Ich schaue auf die grosse Landstrasse und denke daran, wie oft ich hier schon durchgefahren bin. Nie hätte ich erahnt, dass ich mal bis hier hin laufen würde. Unglaublich !
In der riesigen Lobby der STF Turiststation Absiko fühle ich mich richtig deplaziert. Das Gewusel der Leute, der Lärm, die Hektik und die ganzen visuellen Reize überwältigen mich gerade etwas. Ich checke ein, bekomme mein deponiertes Proviantpaket und verschwinde gleich in mein Zimmerchen, etwas abseits des Hauptgebäudes. Puuhh…. das wird wohl eine grosse Bewährungsprobe für die nächsten zwei Tage. Doch es ist auch wichtig, die ganze Zivilisation etwas an mich heran zu lassen, denn irgendwann werde ich wieder nach Hause gehen und dann wird das wieder zum Alltag gehören. Also raus…..! Nach einer gehörigen Portion Körperpflege, Materialpflege und Kommunikation mit Zuhause, geht`s zum waschen und dann auf ein gemütliches Bier in die Lobby. Ich sitze da in meinem grossen Postersessel, knabbere genüsslich an ein paar Nüssen und das kalte Bier in der Hand erfüllt alle Wünsche. Da kommen auch schon meine Freunde angestakst und ihre Erleichterung es geschafft zu haben, ist riesig. Ich gratuliere ihnen und schmeisse gleich ein Runde Bier aus. ( In Abisko habe ich mir ein Extra grosses Budget bei Seite gelegt, um die Ankunft auch richtig feiern und geniessen zu können ). Dieses Budget teile ich nun sehr gerne mit den dreien und lade sie gleich zum Nachtessen im Restaurant ein. Dies hat auch einen Grund, den ich habe heute in meinem Roadbook, in welchem ich genaustens Kilometer und Wetterangaben aufschreibe, gesehen, dass es 2`222 Kilometer seit Lindesnes sind, die ich bis jetzt zurückgelegt habe. Leider muss Evje aus Oslo passen, da sie noch heute nach Kiruna weiterreist und dann nach Hause fliegt. Die beiden Stockholmer aber nehmen die Einladung gerne an.
Nach einem gemütlichen Abend, in einem der besten Restaurants Schwedens! ( Hunger hatte ich danach zwar immer noch ) , einer feuchtfröhlichen Nacht in der Hotelbar, einem langen Schlaf am nächsten Tag und der geplanten Einkaufstour im Lapporten Einkaufscenter, geht meine Zeit in Abisko zu Ende. Kurz konnte ich noch Kontakt zu Henning herstellen und auch er scheint im Plan für Dividalen zu liegen.

Njulla im Nebel
Die Pause hat, trotz der Hektik, gut getan. Meine Batterien sind wieder voll geladen und die Vorfreude auf das was kommt, ist riesig. Von ein paar Leuten habe ich erfahren, dass die Wegstrecke von Abisko nach Björkliden im Moment alles andere als angenehm zu laufen ist. So entscheide ich mich für die Strasse, denn der Tag bis zur Lappjordhytta DNT wird lang.

Björkliden
Die Strasse nach Björkliden ist schnell bewältigt, trotz des dunklen und nassen Tunnels unterwegs. Björkliden liegt etwas oberhalb des Torneträsk Sees und gilt im Winter als „Schickimicki“ Zentrum Nordskandinaviens. Während das „Fussvolk“ in Riksgränsen auf den Brettern steht, werden in Björkliden mehrheitlich die Schampusgläser aneinandergerieben. Doch der Weg hoch in den Retortenort lohnt sich allemal, denn hier kann ich wieder gut auf den Rallarvägen westwärts einfädeln, welcher von Abisko nach Riksgränsen führt. Dieser wunderschöne Weg wird immer wieder durch Hinweisschilder und Gebäude untermalt, welche die Geschichte des Erzbahnbaus beschreiben, welche von Kiruna nach Narvik führt. Immer wieder hört man, oder sieht man auch die ellenlangen Züge der Erzbahn, welche in gemächlichem Tempo ihren Weg bahnen. Es ist sehr unterhaltsam hier zu laufen und das etwas feuchte Wetter stört hier im Wald keineswegs.
Und wieder Norge
Nahe der Tornehamns Kapelle treffe ich wieder auf die Autostrasse, welche von Absiko nach Narvik führt. Hier befindet sich auch ein grosser Parkplatz, an welchem auf Wunsch, auch die Buschauffeure anhalten und Wanderer aufnehmen oder aussteigen lassen.(Kein offizieller Halteplatz!). Ich befinde mich wieder auf dem Nordkalottleden, welcher in einem ständigen Auf und Ab, über rutschige Felsen dem Torneträsk entlang an die Grenze zu Norwegen führt. Kurz hinter der Grenze befindet sich auch die Lappjordhütte, mein Ziel für heute.

Entlang des Torneträsk

Birken wohin man schaut !

Die alte, etwas heruntergekommene, schwedische Pålnostugan STF
In der Pålnostugan hatten sich vor ein paar Tagen tatsächlich mein Freund Henning und Øyvind getroffen. Øyvind schreitet mit riesigen Schritten nordwärts und wird schon bald im finnischen Kilpisjärvi eintreffen. Um die anstrengende Tagesetappe noch zu vollenden, fehlt mir „nur“ noch der steile Aufstieg zur Lappjordhütte. Jedesmal nach dem auffüllen des Proviants, werden solche Steigungen zur brutalen Wandersrealität. Die gut fünfundzwanzig Kilo ( vielleicht waren es auch zwei, drei mehr ), drücken dann schon gewaltig auf den Boden. Doch man will ja auch gut essen in den nächsten Tagen. Für die nächste Etappe nach Kilpisjärvi sind gute zehn Tage veranschlagt, da ich unterwegs ja noch mindestens zwei Ruhetage einlegen werde. Øyvind brauchte gerade mal sechs Tage !

Grenzstein und klein im Hintergrund, die Lappjordhytta DNT
Der Aufstieg zur Hütte braucht nun definitiv die letzten Reserven, dafür wartet da oben eine der vielen schönen DNT Hütten auf dem Weg nach Finnland.

Sørdalen

Sørdalen

Lappjordhytta DNT
Als ich oben ankomme, machen sich gerade zwei junge, norwegische Norge på langs Läufer auf den Weg zum Altevatnet.
Die beiden sind total aus dem Rhytmus gekommen und laufen mittlerweile in der Nacht und schlafen am Tag. Was ja so weit im Norden eigentlich keine Rolle spielt…… es ist ja immer Tag ! Für mich heisst das, ich finde eine vorgeheizte Hütte vor und kann mich gleich auf das gemütliche Sofa knallen und den anstrengenden Tag zu Ende bringen.
Die Wetterprognosen für die nächsten Tage, versprechen sehr abwechslungsreiches Wetter, ohne grosse Niederschlagsgefahr. Die Temperaturen bleiben kühl, doch ungemein angenehm zum laufen. Leute scheinen nicht viele unterwegs zu sein, so ist mir ein tolles Abenteuer im Övre Dividalen National Park garantiert, dem Bärenreichsten Park Skandinaviens 😉
Demnächst………. Teil 9: Finnland voraus !