Strom (mobile Energieversorgung)


Hat man sich vor 30 Jahren noch ein paar Batterien in die Kamera reingemacht und ein paar Reservebatterien ins Gepäck gelegt, dann war es das schon mit der Energieversorgung. Die Mitnahme der vielen Filmrollen und deren Sicherheit bereitete mehr Sorgen.
Heutzutage hat sich dies epochal verändert. Die Menge der mitgenommenen Elektrogeräte wächst immer mehr an. GPS, Fotokamera, Smartphone, MP3 Player, E-Reader, Notsender und immer mehr sieht man sogar kleine Filmkameras, Tablets oder sogar Flugdrohnen. Somit wächst der Energiehunger in einem riesigen Mass an und die grosse Frage stellt sich: Wie bekommt nun jedes Ding seinen Strom!

Elektronik wohin das Auge sieht!

Diese Frage stellt sich schon fast täglich, im Kleinen wie im Globalen. Gerade die dringend benötigte Energiewende zeigt die grösste Schwachstelle im System auf. Wir können noch so viele Windräder, Photovoltaik PV-Anlagen, Wasserstaudämme, etc. bauen. Solange die Kurve des Verbrauches schneller steigt, als wir Strom produzieren können, wird schon bald der Punkt erreicht sein, wo sich beide Linien treffen und die Energieversorgung zusammenbrechen wird (Stichwort Blackout). Egal ob Gross oder Klein, die einzige Alternative in der Zukunft wird das Sparen sein, ob uns das jetzt passt oder nicht. Weniger Energieressourcen zu verbrauchen bedeutet weniger Abhängigkeit zu haben und dies gilt auch für den Wanderer und sein ganzes Equipment.

Einige Sektionen des norwegisches Wanderverbands DNT setzen mittlerweile darauf, ihre Hütten mit Solarpanels auszurüsten und gewähren die Möglichkeit, Handys und andere kleinere Geräte Akkus aufzuladen. Dies sind aber immer noch eher wenige und man sollte sich nicht allzu fest darauf verlassen. Unter den Hütteninformationen bei ut.no sind diese Möglichkeiten bei der Hüttenausstattung angegeben.

Energiealternativen für Unterwegs

Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen Speicherung und Produktion. Immer häufiger gelangen sogenannte Powerbanks (Speicherbatterien) zum Einsatz.

Powerbanks

Diese Powerbanks gibt es mittlerweile in allen Dimensionen und Leistungsgrössen. In der Regel gilt: Je grösser die Kapazität, umso grösser und schwerer die Powerbank!
Die zwei grössten Nachteile sind sicher das Gewicht (falls man mehrere Geräte laden möchte) und die immer noch vorhandene thermische Entladung. Das Problem des Energieverlustes bei kalten Temperaturen ist immer noch nicht wirklich gelöst und kann gerade in den kalten Jahreszeiten problematisch werden. Wer immer wieder Gelegenheit auf der Tour bekommt, seine Geräte Akkus nachzuladen und vielleicht nur wenige Tage ohne diese Möglichkeit unterwegs ist, demjenigen werden die Powerbanks mehr als genügen.

Ich benutze 2,3 kleinere Powerbanks auf Touren, bei welchen ich im Schnitt nicht mehr als 4,5 Tage autark unterwegs bin. Dies hat sich in den letzten drei Touren bestens bewährt. Je nach Region und Zivilisation, wäre es auch ohne weiteres möglich, länger unterwegs zu sein.

Wer auf längeren Touren unterwegs ist und auch längere Etappen ohne Zivilisationsanstoss geplant hat, der wird sehr wahrscheinlich auf die Eigenproduktion zurückgreifen. War vor 10 Jahren bei meinen ersten Solarpanels noch dringend Sonne notwendig und das Panel inklusive Powerbank noch zwischen einem halben und einem Kilogramm schwer, so hat sich die Entwicklung rasend schnell zum besseren verändert. Mit kleinen und sehr leichten Panels kann heute schon bei bewölktem Himmel ein gewisses an Energie produziert werden und das Gewicht spielt auch nicht mehr eine sehr grosse Rolle.

Solarpanel inkl. Powerbank

Ein riesiger Fortschritt hat man bei der Stabilität der Solarzellen gemacht. Heute sind diese zum grossen Teil biegbar und kaum zerstörbar. Mit zwei, drei Karabinern sind diese Panels sehr schnell am Rucksack befestigt und mittlerweile ist es auch möglich, eine „Live-Aufladung“ z.B. des Smartphones zu machen. (Dies empfiehlt sich wegen der Schwankung der Spannung nur bei schönem Wetter, ansonsten kann das zu ladende Gerät Schaden nehmen!)

Ich benutze auf längeren Touren seit einiger Zeit ein Ladesystem der Schweizer Firma Sistech. Das Solarflex 5W/5V wiegt gerade mal noch knappe 180 Gramm und ist äusserst robust. Zusammengefaltet ist es gerade noch 20 x 10 cm gross und 15 mm dick. Bei Sonnenschein lädt das Panel eine kleinere Powerbank in wenigen Stunden. Bei bewölktem Himmel, liegt eine halbe „Smartphone Ladung“ täglich drin. Ich kann dieses Teil sehr empfehlen und es lohnt sich auch die weiteren Produkte dieser sehr innovativen Firma anzuschauen!

Wer einen sehr grossen Energiebedarf hat, kann sich natürlich für eine Kombination der beiden Varianten entscheiden. Voraussetzung ist natürlich, dass man auch mehr Gewicht mitnehmen muss!

Energieeffizienz und Sparsamkeit

Zu Beginn aller Abklärungen zur Energiefrage, sollte man sich aber grundsätzlich mal bewusst werden: Was brauche ich wirklich und wieviel?

Man kann lange darüber fachsimpeln was die beste Variante wäre, wenn der Akku am Abend trotzdem zur Neige geht. Den optimalen Verbrauch zu erarbeiten ist das A und O der ganzen Energiefrage!
Heute verfügt praktisch jede/jeder über ein Smartphone der neusten Generation, oder zumindest der letzten drei, vier Jahre. Wer dies noch nicht tut, wird wohl in nächster Zukunft nicht darum herumkommen, da immer mehr Netzbetreiber, die alten 2G oder 3G Netze abschalten und die „Oldies“ unter den Handys nicht mehr funktionieren werden. Ich bin mitnichten ein grosser Fan der Digitalisierung und stehe der Technik immer eher kritisch gegenüber. Aber ich verschliesse mich auch nicht davor, positive Errungenschaften zu testen und sie dann auch zu nutzen. Wer also noch über ein sehr altes Gerät verfügt, sollte sich vielleicht mal damit befassen, auf ein neueres, moderneres Gerät umzusteigen. Das heisst nicht, dass es das ultimativ neuste Smartphone sein muss. In den letzten drei, vier Jahren haben die technologischen Fortschritte bei diesen Geräten nicht mehr Meilensteine hervorgerufen. So ist auch ein dreijähriges Gerät immer noch top und vor allem einiges günstiger zu kaufen.

Warum nun diesen „Trommelwirbel“ für das Smartphone? Dieses Gerät kann uns unterwegs mehrere andere Geräte problemlos ersetzen, es braucht dann weniger Strom und zusätzlich spart es einiges an Gewicht.

Schauen wir uns ein paar Elemente an:

  • GPS Wer zum Beispiel eine Tour in der Hardangervidda, dem Rondane oder Jotunheimen National Park plant, sich vielleicht auf den Kungsleden begibt, oder allgemein auf eher grösseren Wanderwegen unterwegs ist, der braucht kein GPS Gerät mitzunehmen. Ein GPS Gerät ist dann sinnvoll, wenn zum Beispiel im weglosen Gebiet gewandert wird, oder wo eine Navigation wegen sehr eintönigem Gelände schwierig wird. Wer sich trotzdem mal verläuft oder die Position erfragen möchte, dem steht im Smartphone ein sehr gutes GPS zur Verfügung. Auch wenn schon eine rudimentäre Google Maps Karte im Gerät werkseitig inkludiert ist, empfiehlt sich vor der Tour, Karten des Wandergebiets Offline auf dem Smartphone abzuspeichern (für Norwegen empfehlen sich da alle Karten von ut.no oder norgeskart.no). Das GPS des Smartphones verfügt heutzutage über eine wirklich erstaunliche Präzision. Ich „tracke“ sehr oft meine Wanderungen und kann anhand von Topographiekarten, eine Genauigkeit von einem halben bis einem Meter feststellen! Also, mehr als genug für unser Vorhaben.
    Wer das GPS am Smartphone immer eingeschaltet hat, der wird kurz über lang einen leeren „Tank“ haben. Das GPS ist ein enormer „Akkufresser“, also GPS nur einschalten, wenn man es auch benötigt.
  • Bluetooth Wer keine externen Geräte mit dem Smartphone verbinden will, der sollte diesen Dienst dringend abschalten. Ansonsten scannt das Gerät permanent nach möglichen Verbindungen.
  • Musik/Hörbücher Ich staune immer wieder, wieviele Leute heutzutage mit Stöpseln in den Ohren unterwegs sind. Der Trend nimmt rasant zu. Der Energieverbrauch bei der Nutzung von Audiodateien ist enorm und bringt jedes Smartphone innerhalb kürzester Zeit in die Knie!
    Für mich persönlich ist es etwas unverständlich, sich unterwegs beschallen zu lassen. Denn da draussen spielt wohl der schönste Soundtrack überhaupt, erlebt man die spannendsten Momente und selbst bei langweiligeren Passagen, entstehen die wunderbarsten Geschichten im Kopf. Keine Ahnung wie oft ich sensationelle Tier- und Naturbeobachtungen verpasst hätte, wenn ich nicht all die Geräusche um mich herum wahrgenommen hätte. Am Morgen oder am Abend diese unendliche Stille zu geniessen und weit weg von der Dauerberieselung unserer Gesellschaft einen Moment innezuhalten-was für ein Geschenk!
    (Ich möchte dringendst darauf hinweisen, dass ich dies keinesfalls wertend meine!)
    Aber nicht alle Menschen sind gleich und für viele ist gerade Musik enorm wichtig, um abzuschalten und eine eigene Welt um sich herum zu bauen. Ich bin selber seit über 30 Jahren Musiker und kann dies nur zu gut nachvollziehen!
    Wer also viel wert darauf legt Musik oder Hörbücher zu hören, sollte sich vielleicht besser damit befassen, einen kleinen MP3 Player anzuschaffen. Die Akkus dieser Player sind heute sensationell gut und man ist so unabhängiger vom Smartphone. Das selbe gilt auch für E-Reader. Ich nutze selber einen solchen und hatte noch nie ein Problem.
  • Notsender Diese sind für die Smartphones noch nicht erhältlich, aber laut den grösseren Herstellern, wird es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die neusten Smartphones eine Einweg-Kommunikation mit Satelliten möglich machen. Ich rate hier aber schon jetzt davon ab, denn ein Notsender sollte immer unabhängig von anderen Geräten und Energiequellen funktionieren.
  • Fotokamera Wer grossen Wert auf professionelle Bilder legt und/oder sehr viel Freude am fotografieren hat, der wird kaum mit einer Smartphone Kamera zufrieden sein. Mittlerweile haben die Kameras bei der neusten Generation der Smartphones einen unglaublichen hohen Standard erreicht (abgesehen von der Zoomfunktion). Manch eine Smartphone Kamera produziert bessere Bilder als kleine Kompaktkameras. Die Entwicklung hat nun auch die Hersteller von diesen kleinen Kompaktkameras erreicht, so dass der Markt langsam kleiner wird und die Kleinkameras im Preis steigen.
    Braucht es noch eine externe Kamera oder genügt nicht die Smartphone Kamera? Ich gebe gerne zu, dass mich diese Frage auch schon beschäftigt hat und ehrlich gesagt, ein ungutes Gefühl hinterlässt. Der Gedanke, ohne Fotokamera auf einen Trip zu gehen und mich nur noch auf eine Smartphone Kamera zu verlassen, lässt mich zweifeln. Doch ich muss eingestehen, dass ich vielleicht doch zuviele Vorurteile habe und die Praxis zeigt mir über die letzten Jahre auch, dass rund 80% meiner Bilder mittlerweile vom Smartphone stammen. Dass ich für die Bilder viel Lob auch von Profifotografen erhalte, zeigt mir, dass dies wohl nicht ein schlechter Weg ist. Umdenken ist angesagt 😉
    Ich nutze trotz allem eine zusätzliche Kleinkamera, da ich alleine unterwegs bin und bei einem Ausfall des Smartphone ohne Kamera dastehen würde. Die Kamera des Smartphone setze ich allerdings sehr gezielt ein und brauche daher sehr wenig Energie.
  • APPs Wer zwei, drei Wochen unterwegs ist, der wird kaum sein ganzes Smartphone ausmisten und wenig benutzte Apps deinstallieren. Ist man länger unterwegs, dann sollte man sich diesen Schritt allerdings gut überlegen. (Wer braucht schon eine Parking App im Fjell und der Restaurantfinder hilft ebenso wenig!). All diese Apps können in ein Standby versetzt werden, aber Erfahrungen zeigen, dass sich diese Dinger trotz allem immer wieder selbstständig machen und z.B. bei einschalten des Gerätes, in einen anderen Modus versetzen. Wer weniger Apps auf dem Gerät hat, der wird auch mehr Freude am schnelleren Prozess haben und damit zweifelsohne auch Akkuleistung sparen. Sogenannte App-Killer, also eine App die die „überflüssigen“ Apps ins Standby bringen, frisst meist mehr Energie, als es schlussendlich freischaufelt.
    Die Smartphone Hersteller haben aber auf allen Geräten eine sehr nützliche Funktion eingebaut, die schlussendlich die meiste Akkuleistung einsparen kann: Der Energiesparmodus. Von vielen immer wieder zu unrecht kritisiert und als überflüssig betitelt, kann ich diese Funktion nur wärmstens empfehlen. Wer braucht im Fjell schon die höchste Display Auflösung, was nützen all die Multimedia Möglichkeiten, wenn kein Mobilfunkempfang oder WI FI vorhanden ist? Hier kann ohne weiteres die höchste Stufe aktiviert werden, denn die Kamerafunktion und das GPS funktioniert weiterhin problemlos.
    Zusätzlich sollte immer die „mobile Datenübertragung“ deaktiviert sein. Dieser Ressourcenfresser ist verantwortlich für sehr schnell schwindende Akkuleistung, da das Gerät permanent nach Verbindung „schreit“!
    Und als letzter Tipp: Wenn das Smartphone nicht gebraucht wird = ausschalten! Mittlerweile starten diese Dinger enorm schnell auf und so kann das Gerät auch mal ruhen und spart somit natürlich am meisten Akkuleistung.

Alle diese Punkte beinhalten nicht „den einen, ultimativen Spareffekt“ (ausser das ausschalten 😉 ), aber zusammengebracht ist der Spareffekt enorm!
Ich besitze ein Samsung S21 und verwende die Kamera oft, das GPS wenn nötig und wenn ich Mobilfunkempfang habe, ab und an das Internet für Wetter- oder benötigte Fahrplaninformationen. Mit einem vollen Akku kann ich so locker 4-5 Tage autark unterwegs sein. Wenn ich noch etwas sparsamer bin, kann das schon mal eine Woche hinhalten (ohne grosse Einschränkungen!)

Also, genug der Lobhudelei für das Smartphone! Die Zukunft hat auch das Outdoorleben erreicht und bringt die eine oder andere Erleichterung. Das Smartphone hilft uns, Geräte zusammenzufassen und schlussendlich auch den Energiebedarf zu senken. Selbstverständlich kann dieses Gerät auch ausfallen und uns damit mehrere Ressourcen kappen. Daher gilt auch weiterhin: Es ist unabdingbar einen Kompass im Gepäck zu haben, vielleicht die eine oder andere Karte, oder Kartenausschnitte und dringend benötigte Informationen auf Papier festgehalten!

Tipps und Tricks auf der Suche nach Strom

Norwegen ist mittlerweile zum Vorreiter in Skandinavien geworden, was die mobile Energieversorgung angeht. Kaum ein Land pusht die Ladestationen für E-Autos so enorm wie Norwegen. Aber nicht nur Autos profitieren, sondern auch Menschen die unterwegs sind. Der Ausbau von Lademöglichkeiten für Kleinelektronik wie Laptops, Tablets oder Smartphones wird rasend schnell und effizient vorangetrieben. Nicht nur im Bus, Eisenbahn oder Schiff, die Auswahl wächst immer mehr. So sind Versuche mit Bushaltestellen, an Informationspunkten der Tourismusbüros, anderen öffentlichen Gebäuden, über das ganze Land gestartet worden. Diese „Power-Points“ werden meist durch Solarenergie oder Strassenlampen gespiesen. Wanderhütten des DNTs verfügen immer mehr über Solarpanels und Lademöglichkeiten, wobei diese oft auch begrenzt sind!

Der Extratipp!

Ins Reisegepäck gehören unbedingt alle möglichen Adapter für die Ladekabel. Hier herrscht immer noch ein ziemliches durcheinander zwischen all den Micro USB- Steckern.

Viele älteren Solaranlagen speisen noch die altehrwürdigen Zigarettenanzünderbuchsen aus den Autos. Meist sind an diesen Orten auch noch die Autoradios installiert. Ein Adapter: Zigarettenanzünder-USB, sollte unbedingt ins Gepäck!

Adapter: Zigarettenanzünder – USB

Meine persönliche Technikausrüstung (Stand 01.2022):

Die Versorgung mit Strom ist in Norwegen nicht ein Riesenproblem, aber es bedingt, dass man einige Dinge beachtet. Kein Weg führt an der Sparsamkeit vorbei und wer sich mit dem Energieverbrauch etwas zurückhält, wird ohne weiteres auch längere Zeit autark versorgt sein.

Somit wünsch ich allen genug Akku und energetisch hoch geladene Wanderungen!