Trinkwasser
Wer schon einmal im Süden Europas zur warmen Jahreszeit unterwegs war, die extrem mühsame Trinkwasser-Schlepperei miterlebt hat und an Wasserquellen kam, die mehr nach Schokoladenpudding aussahen, der wird sich im hohen Norden wie ein/e König/in fühlen! Statt Literweise Wasser im Rucksack, baumelt ein kleiner Trinkbecher oder ein Berghaferl am Gurt und alle paar Meter fliesst das wertvolle Wasser vor den Füssen durch. Man kann mit Sicherheit von einem Paradies diesbezüglich sprechen und Trinkwasser stellt auf Wanderungen, definitiv kein Problem dar. Doch ist alles so einfach und problemlos?
Diese Frage kann man mit einem „Jaein“ beantworten, denn auch im Norden gibt es das eine oder andere zu beachten, um nicht eines Tages mit einer ordentlichen Magenverstimmung nieder zu liegen.
Wasserqualität Die Qualität der Gewässer in Norwegen ist zum grössten Teil hervorragend und kann bedenkenlos aus Seen, Bächen oder Quellen getrunken werden. Wer das erste Mal im Norden ist, wird sich vielleicht beim Anblick des gelblichen Wassers zuerst einmal etwas ekeln oder sich fragen, was das für komischer weisser Schaum auf der Wasseroberfläche ist!
Zum einen hat der Norden einen sehr hohen Anteil Eisen im Boden, der das Wasser etwas bräunlich/gelb verfärbt. Zum anderen ist das eine Algenart, die ebenfalls zur Farbe beiträgt und bei bewegtem Wasser zur Schaumbildung. In seltenen Fällen, kann das Wasser auch einen ganz leichten Beigeschmack haben, wenn die Konzentration der Algen etwas höher ist. Dies werden allerdings nur Menschen schmecken, die sich absolut reines Quellwasser gewöhnt sind.
Das Wasser ist trotz der Farbe absolut sauber und bedenkenlos trinkbar. Der Eisengehalt ist sogar sehr gesund und ab und zu sieht man sogar die Tiere, die sich am Schaum laben, da dieser ebenfalls Mineralien und Nährstoffe beinhaltet. Der Schaum wäre auch für uns Menschen geniessbar, aber nicht wirklich appetitlich 😉
Zwei, drei Dinge gibt es aber trotzdem zu beachten:
- Grundsätzlich gilt: Je grösser, je schneller, desto gesünder! Was soviel heisst wie: Je grösser das Gewässer (Verdünnung), je schneller das Gewässer fliesst (Filterwirkung), desto gesünder und reiner ist das Wasser. Wer Wasser aus einem stehenden Gewässer benutzt, sollte dies wenn möglich an der Lee-Seite des Sees machen (da wo der Wind auf den See hinausbläst). An der Luv-Seite werden die ganzen Verunreinigungen, der Schaum usw. herangeblasen und das Wasser ist dort deutlich „dreckiger“!
Oberflächenwasser sollte immer vermieden werden. - Wasser das von Altschneefelder stammt und noch keinen langen Weg durch Sand und Kies hinter sich hat (Filterwirkung), ist oft mit Bakterien und Dreck kontaminiert. Gerade die Rentiere, welche als wahre Transporteure von Bakterien und Ungeziefer gelten, verweilen immer wieder zur Abkühlung auf dem Altschnee. Der Schnee ist durchsetzt mit Kot und Urin und sollte unbedingt abgekocht werden, bevor man es trinkt.
- Bei kleinen Wasserläufen oder Tümpeln tritt zudem noch das Problem der Lemminge auf. Die kleinen nordischen Meerschweinchen, sind richtiggehende Bakterienbomben und haben schon oft für Probleme beim Menschen gesorgt. Immer wieder müssen Menschen mit Kropfbildung am Hals behandelt werden, da die Bakterien vor allem die Schilddrüse schädigen. Da wo viele Lemminge und nur kleine Wasserläufe vorhanden sind, sollte das Wasser abgekocht werden. Die Lemminggebiete sind aber oft begrenzt und schon ein, zwei Kilometer weiter, kann die Anzahl der Tierchen, deutlich zurückgehen.
Alle 5-6 Jahre gibt es im hohen Norden, sogenannte Lemmingjahre. Die Population steigt explosionsartig an und ihm Fjell herrscht ein wahres Gewusel der kleinen Nager. Es sind die Sommer, in welchem man dem Trinkwasser etwas mehr Beachtung schenken sollte. Die kleinen Tierchen haben nämlich die bisher nicht erklärbare Eigenart, sich kurz vor dem sterben an ein Gewässer zu begeben, in welchem sie dann meist als Kadaver enden. Das Wasser hat dann eine sehr hohe Konzentration an Bakterien und Fremdstoffe und sollte nicht mehr getrunken werden.
Trotz den Algen, den Rentieren und den Lemmingen, ist das trinken des Wassers problemlos. Gänzlich kann auf Wasserfilter verzichtet werden, die machen keinen Sinn in Norwegen und nehmen nur unnötig Platz im Rucksack weg. Wer ganz sicher gehen will, kann zur Not ein paar Chlor- und Silberionen-Tabletten mit sich führen, um allfällig kontaminiertes Wasser zu „entgiften“. Dass das chlorierte Wasser dann allerdings ziemlich übel schmeckt, sei dahingestellt!
Im Zweifelsfall gilt immer: Abkochen ist der sicherste Weg um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben!
Mein persönliches Wassserequipment
- An einem meiner Rucksacktragegurte hängt ein Berghaferl Trinkbecher, der mit einem kleinen Karabiner befestigt ist. So kann ich jederzeit bequem den Becher ins Wasser halten und trinken. Zudem dient das Berghaferl allgemein als mein Trinkbecher.
- Zusätzlich habe ich eine kleine 3 dl. Nalgene Wasserflasche in einer der Aussentaschen am Rucksack. Diese dient vor allem dazu, an einem Gewässer etwas Wasser zum Kaffee- oder Nudelkochen mitzunehmen, wenn die Pause nicht am Wasser stattfinden kann.
- Ein absolutes „Muss“ für mich als Teeliebhaber, ist natürlich eine Thermosflasche. Auch wenn es nur Beuteltee ist, aber dieser gehört zum Tag wie die Grundnahrung auch. Klean Kateen hat mit ihrer Flasche ein absolutes „Must have“ in ihrem Programm und ich habe noch nie etwas besseres im Gepäck gehabt als diese 0.6 dl. Flasche. Vakuumisoliert, polypropilenfrei produziert und innwendig mit Edelstahl verkleidet, hält die Flasche den Tee für Stunden auf guter Wärme. Die knapp 370 Gramm fallen dabei kaum ins Gewicht. Zum Frühstück gleich eine Flasche Tee vorbereitet, genügt diese oft für den ganzen Tag. Und wenn es mal so richtig ungemütlich ist und der Gaskocher nur mühsam bedient werden kann, ist so ein Schluck warmer Tee Gold wert!
- Auf grösseren Touren führe ich zusätzlich noch eine Ortlieb 10 Liter Wassersack mit.
- Für den absoluten Notfall, befinden sich in meinem Erste Hilfe Set noch 3,4 Katadyn Micropur Tabletten. Diese Silberionen- und Chlor-Tabletten sind allerdings noch nie zum Einsatz gekommen.
Für das abkochen im Felde verwende meinen extrem leistungsstarken und gassparenden Leichtkocher von Jetboil. Der Sol Ti Premium ist nicht nur sehr leicht, sondern extrem effizient, wenn es um schnelles Wasser aufkochen geht.
Zusammengefasst ist das Thema Trinkwasser eigentlich kein Thema. Zwar hat sich die Wasserqualität in den letzten Jahren auch in Norwegen etwas zum Unguten entwickelt. Dies hat auch dort damit zu tun, dass immer mehr Nutztiere (vor allem Schafe) zur Sömmerung auf das Fjell raufgekarrt werden und dort für Verunreinigungen sorgen. Ein Problem das viele Länder kennen, so auch die Schweiz, wo Schafe mittlerweile bis in Höhen von 3000 Metern anzutreffen sind.
Aber es hat auch mit dem Verhalten der Menschen zu tun. Der Gesundheitswahn sorgt mittlerweile zu völlig abstrakten Situationen und die Menschen werden immer sensibler und empfindlicher auf jenste Arten von Erregern, Verschmutzungen und Bakterien. Haben Magen oder Darm vor ein paar Jahrzehnten noch nicht ansatzweise auf leichte Verschmutzungen reagiert, so sind Magen- und Verdauungsprobleme, Intoleranzen und Allergien heute trauriger Alltag.
Ich lebe an einem Ort in der Schweiz, an welchem der Reinheitsgrad und Mineralgehalt des Wassers Rekorde erzielt und kaum besser sein könnte. Bei den Supermärkten vor Ort werden aber Mineralwässerchen (meist ohne Kohlensäure!) aus Ländern wie Italien, Frankreich, England und anderen Ländern mit Rekordabsätzen verkauft! Notabene Wasser, dem man mit industriellen Mitteln, meist noch die letzten Mineralien oder Nährstoffe entzogen hat. Das sollte definitiv zu denken geben!
Nun denn, wünsch ich allen immer möglichst gutes und leckeres Trinkwasser und…..Prosit!