Waten (Wasserdurchquerung)
Ein viel diskutiertes Thema ist immer das Bach- oder Flüssewaten. Jeder Mensch schätzt Gefahren oder Machbarkeit anders ein und daher ist es sehr schwierig, darüber einen Leitfaden zu machen.
Oft werde ich gefragt ob es „den“ ultimativen Tipp gibt um eine Entscheidung zu treffen: ist ein waten möglich oder nicht? Der wichtigste Grundsatz bei einer geplanten Durchquerung von Wasser ist aber mit Sicherheit, Nein sagen zu können. Hat man Zweifel, ein ungutes Gefühl im Magen, oder schlicht einfach Angst, sollte man unbedingt darauf verzichten. Jedes Jahr sterben Menschen beim waten oder verletzen sich zum Teil schwer, weil sie genau diese Entscheidung nicht getroffen haben.
Selbstverständlich ist es mehr als lästig und zeitintensiv, eine andere, weniger gefährlichere Stelle zu suchen, doch schlussendlich kann sehr schnell das Leben davon abhängen. Selbst eine harmlos aussehende Stelle kann fatale Folgen mit sich nachziehen, wenn man es zu lässig angeht. Ausrutschen, ein Bein oder Arm brechen, Unterkühlung und meilenweit keine Hilfe in Sicht und schnell befindet man sich in einer ungemütlichen Lage!
Wenn man das ganze aber seriös, mit der nötigen Vorsicht und schlussendlich auch Erfahrung angeht, dann ist waten problemlos machbar und kann sogar sehr viel Spass machen. Ein paar Dinge gibt es zu beachten:
- Schon während der Routenplanung, kann man auf Karten vorausschauend Watungen einplanen. Im Internet findet man heute zuhauf Erfahrungsberichte und, ist man mal in der Gegend, so sind Tipps von Einheimischen oder anderen Wanderern überaus wertvoll!
- Ein Gewässer sollte immer an der breitesten Stelle gewatet werden. Dies gibt zwar kältere Füsse, doch meist hat es eine langsamere Strömung und die Wassertiefe ist geringer. Auf guten Landkarten sind Bach- und Flussbreiten oft gut zu erkennen und können so schon von Anfang an eingeplant werden. (Wege oder Tracks sind nicht immer die Garantie für ein einfacheres waten, geben aber Hinweise auf gute Möglichkeiten).
- Nie barfuss waten! Dies ist auch die Hauptursache für Unfälle. Ein kleiner spitzer Stein am Grund genügt, um das Gleichgewicht zu verlieren und der Sturz mit aufgeschlagenem Ellenbogen ist schon fast garantiert. Wer sicher gehen will, dies wird auch von fast allen Outdoor-Guides und erfahrenen Leuten empfohlen, sollte sich eine Sandale mit Profilsohlen anschaffen.
Ich verwende seit Jahren eine solche und hatte noch nie irgendwelche Probleme. Sie kann gut geschnürt werden, hat ein grobes Profil und schützt die Fussränder gegen Stösse. Zusammengeschnürt sind sie kaum grösser als ein Turnschuh und auch kaum schwerer als ein einzelner solcher Schuhe.
Flip Flops oder Crocs kann ich persönlich nicht empfehlen. Zum einen bieten sie dem Fuss kaum halt und zum anderen ist oft nur sehr wenig bis gar kein Profil vorhanden. In Statistiken sind sie den auch führend als Ursache für Unfälle.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man die Sandale auch mal bei guten Wegverhältnissen einen Moment dem Wanderschuh vorziehen kann. Die Füsse werden die Frischluft danken!
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- Ein Gewässer soll immer leicht gegen die Strömung gewatet werden, nie mit der Strömung! Es braucht definitiv etwas mehr Kraft, dafür kann man die Laufgeschwindigkeit besser kontrollieren.
- Wer Wanderstöcke bei sich hat und nutzt, wird auf jedenfall im Vorteil sein. Wer keine dabei hat, sollte sich für einen stabilen Stock umsehen. Sehr schnell kann die Strömung stärker werden als vermutet und dann kann der Kampf mit dem Gleichgewicht schnell in einem Sturz enden.
- Sämtliche Gurte am Rucksack (Brustgurt, Hüftgurt) öffnen, damit man bei einem Sturz den Rucksack sofort abstreifen kann. Das Gewicht zieht einen runter, das Wasser hat mehr Angriffsfläche und wenn sich der Rucksack mit Wasser füllt, ist man absolut chancenlos, aus der Strömung zu kommen. Für ganz heikle Querungen habe ich immer mein 10 Meter langes, dünnes aber sehr stabiles Seil im Sack (gehört eigentlich in jede gute Ausrüstung 😉 ) So kann ich eine Passage, ohne Rucksack auf dem Rücken, zurücklegen und den Rucksack mit dem Seil zu mir ziehen, wenn ich einen guten Stand habe.
- Bei einem breiteren Bach kann rasch die Unterkühlung zum Thema werden. Was zu Beginn noch erfrischend wirken kann, geht sehr schnell in ein Taubheitsgefühl und schlussendlich in schmerzhafte Verkrampfungen über. Ein Faktor der sehr oft unterschätzt wird. Ich versuche, wenn möglich, immer den einen oder anderen grossen Stein in die Watung miteinzubeziehen, auf dem ich einen kurzen Moment aus dem Wasser austreten kann.
- Nimm Dir Zeit! Nie ein Gewässer im Schnellgang überspringen. Die Steine sind oft mit Algen und Moos überzogen und enorm glitschig.
- Im äussersten Notfall oder wenn die trockene Hütte in Reichweite ist, kann eine Überquerung auch in Wanderschuhen gemacht werden. Wer danach noch eine längere Strecke vor sich hat, sollte aber daran denken, dass mit nassen Schuhen und Füssen, die Blasengefahr sehr schnell wächst!
Persönliche Erfahrungen und Vorgehensweise:
Grundsätzlich unterscheide ich zwei Arten des watens. Zum einen jene, bei der ich, bei tiefem Wasser, d.h. von Knietief bis Hüfttief, die Wanderschuhe mit den Sandalen tausche, Hosen entweder abziehe oder raufbinde und so das Gewässer mit einem zeitlichen Mehraufwand überquere.
Zum anderen ein bis Schienbeinhöhe tiefes, nicht allzu breites Gewässer, dass ich mit den Schuhen und Gamaschen überquere. In den letzten Jahren habe ich den perfekten Schuh und eine Gamasche gefunden, die es mir erlauben, solche Bäche problemlos und vorallem trockenen Fusses zu queren. Gerade wenn das Wetter etwas garstig ist, kann ich mir so das Schuhwechseln und auch die Zeit ersparen. Wichtig hierbei, sind natürlich wasserfeste Schuhe ( in meinem Fall sogar nahtlos) und eine wasserdichte oder wasserabweisende Gamasche, welche bis Kniehöhe gut abschliessbar ist und auf dem Fussrücken gut angepasst ist.
Es gibt sie immer wieder, diese nervigen Momente, vielleicht gerade kurz vor der Hütte oder dem geplanten Zeltplatz, wenn man an einem Bach steht und weiss: hier komm ich nicht rüber! Egal auf welche Seite man dem Bach dann folgt, es wird immer die falsche sein. Geht man rechts, wäre links nach viel kürzerem Weg die Lösung und geht man nach links, dann wäre rechts vielleicht sogar eine Brücke. Es kann dann schnell mal frustrierend sein, wenn man 2,3 Stunden braucht und man wieder an der selben Stelle steht, einfach auf der anderen Seite des Baches. (Selbst auch schon erlebt und als ich 500 Meter weiterlief stand eine nigelnagelneue Brücke vor mir, die noch in keiner Karte eingezeichnet war!).
Doch waten hat auch sehr viel positives! Zum einen gibt es eine kühle Erfrischung für die Füsse, ich nutze das waten auch immer um eine grosse Pause einzulegen und Wasser zieht immer viele Tiere an (nicht nur Mücken!).
Oft kann sogar bei Niedrigwasser ein Wegteil massiv abgekürzt werden.
Wer grundsätzlich Angst vor Wasserüberquerungen und ein ungutes Gefühl im Magen hat, dem empfehle ich, einen der vielen zertifizierten Canyoning Anbieter aufzusuchen, um einmal das Gefühl von Wasserströmung, Strudeln und Wirbeln zu erleben. Hier bekommt jeder auch mal die Möglichkeit, an einem Seil gesichert, eine Bachdurchquerung machen zu können und mitzuerleben, was Strömung so alles machen kann und was eben nicht. Auch wenn solche Anbieter dafür nicht direkt Kurse anbieten, so können sie einen sehr wertvollen Einblick in die wilde Wasserwelt geben. Auch wenn ich bis heute schon viele Dutzende Bäche ohne grössere Probleme überquert habe, habe ich an einem solchen Event noch sehr viel lernen können!