Wetter und Vorhersage


Kaum etwas anderes kann Emotionen schneller bewegen, als das Wetter beim Wandern! Eben noch die ganze Glückseligkeit bei Sonnenschein, Minuten später der Ärger und die Enttäuschung im Regenguss. Die Frage nach dem: «warum hat mir das niemand gesagt!», ist schnell gestellt und der Schuldige in der Regel auch ganz schnell gefunden: die Meteorologen! Doch ist es so einfach?

Früher alles besser?

Ich kann mich gut an die Zeit vor dem Internet, Handy und Computer erinnern. Man hat am Morgen die Nase zum Fenster rausgehalten, an den Himmel geschaut und beobachtet und entschieden, ob es raus geht oder nicht. Heutzutage verlässt sich ein Grossteil der Wanderer auf die Wetter Apps und Prognosen, die zum Teil unendlich weit in der Zukunft liegen. Wenige nehmen heute das Risiko auf sich, halt mal auf einer Hütte festzuhängen oder einen Tag das Zelt nicht verlassen zu können. Doch hat man die persönliche Wettervorhersage früher wirklich besser beherrscht?

Wahrscheinlich nicht besser beherrscht, aber man hat eher auf seinen Instinkt, seine Erfahrung vertraut.

Die allgemeine Lage

Ich lebe seit Geburt in einem der wohl meteorologisch, interessantesten Gebiete in den Alpen. Das Wetter wird zuhinterst im Berner Oberland, 365 Tage im Jahr durch einen warmen Fallwind beeinflusst, dem Föhn. Hier eine verlässliche Wetterprognose zu erstellen, ist enorm schwierig und durch die hier eher ländliche, dünn besiedelte Schweiz, für Meteorologen nicht primär die wichtigste. Alle die im Einfluss des Föhns aufgewachsen sind, lernen schon als Kind gewisse Wettermerkmale zu beobachten und zu deuten. So hat auch mich der Föhn immer wieder tief fasziniert, wie er im Zusammenspiel mit anderen Wettermerkmalen «kämpft» und sich seine eigenen Regeln setzt.

Frühmorgendliche Föhnstimmung im Haslital

Der Norden Europas, im speziellen Norwegen, dass mit seiner dem Atlantik zugewandten Küste und seinen Gebirgszügen, ganz dem von Westen herkommenden Wetter ausgesetzt sind, ist in seinem Wettercharakter sehr ähnlich mit einem Föhngebiet. Wettervorhersagen in Norwegen gehören zu den schwierigsten überhaupt in Europa und die Fehlerquote kann ab und zu sehr hoch sein. Auch wenn Norwegen und der gesamte Norden überhaupt, dem Einfluss des Golfstroms ausgesetzt ist, der bekanntlich ja ein deutlich milderes Klima auf diesem Breitengrad beschert, gilt dies für heranziehende Wettersysteme nur bedingt. So sind denn lokal auch sehr erstaunliche Wetterphänomene zu beobachten wie jenes im Narvikfjell, wenn am oberen, westlichen Ende des Sitasees schwere Regenstürme toben und gleichzeitig dreissig Kilometer östlich, blauer Himmel und Sonnenschein herrscht und dies den ganzen Tag. So kann auch ein lokaler Regenschauer in einen Meeresfjord einziehen, heftige Niederschläge mit sich bringen und jener Fjord daneben, komplett trocken bleiben. Dies zuverlässig zu prognostizieren ist auch heutzutage kaum möglich und wird auch in Zukunft nur sehr schlecht vorherzusehen sein.

Auch wenn heute, gerade Politiker, in Anbetracht von grossen und schlimmen Katastrophen, immer wieder noch bessere Vorhersagen fordern, sind den Meteorologen Grenzen gesetzt, die auch mit den besten Algorithmen nicht überwindbar sind. Und hier genügt schon ein kleiner Hügel in der Landschaft mit ein bisschen aufkommendem Aufwind und alles ändert sich schlagartig. Kurz gesagt, das Wetter findet draussen statt und ist von uns Menschen durch unsere Prognostik nicht lenkbar.

Die heutige Prognostik

Selbstverständlich nutze auch ich heute die moderne Technologie, die uns mittlerweile eine Flut von Informationen zur Verfügung stellt. Ich verlasse mich aber immer noch auf meine Nase und die dazugehörige Erfahrung und Sachkenntnis. Während ich in der Schweiz fast ausschliesslich auf die hervorragende Prognostik von Meteoschweiz setze, die zwar öfters in der harschen Kritik der Touristiker steht (die offenbar manchmal immer noch glauben, dass Meteorologen das Wetter machen), benutze ich für den Norden Europas mehrere Instrumente:

Wer in den Norden Europas reist, wird nicht um YR.NO herumkommen. Die norwegische Wetterseite, die in Kooperation des norwegischen Rundfunks NRK und des norwegisch, meteorologischen Instituts entwickelt wurde, besticht durch ihre Genauigkeit. Hinzu kommt eine sehr nützlich aufgebaute App (Apple+Android), die mit vielen Möglichkeiten und einer sehenswerten Grafik entwickelt wurde.
Die Datensätze sind selbst für die entlegensten Gebiete sehr gut einsetzbar und berücksichtigen geographische, wie auch topographische Eigenheiten. (Die Prognostik ist übrigens für weltweites Wetter einsetzbar und hat auch hier eine sehr gute Qualität!).

Zusätzlich zu YR.NO, hat bis vor einem halben Jahr eine der besten Wetter Apps überhaupt existiert: Weather Pro. Diese App habe ich weltweit eingesetzt und war jedesmal über deren Genauigkeit sehr positiv überrascht. Alles war perfekt und ich hatte schon angefangen, eine sehr positive Rezension für diesen Blog zu schreiben. Dann kam ein monströses Update und ein kompletter Neuaufbau der App und…man muss es so sagen: das ging komplett in die Hosen! Die App ist schlicht nicht mehr zu gebrauchen und empfiehlt sich nur noch zur Deinstallation. Sehr schade!

Regenradar: Immer häufiger werden heutzutage Niederschlagsradare eingesetzt. Es ist erstaunlich, dass sich Entwickler und zum Teil auch Meteorologen immer weiter zum Fenster rauswagen. Regenvorhersagen über 24 Std. sind zum Teil schon Bestandteil der Prognostik. Dies ist definitiv nicht mehr seriös und kann getrost übersehen werden. Wer sich über die Genauigkeit dieser Vorhersagen von Regenzellen schlauer machen will, kann dies sehr gut anhand einer aufziehenden Regenfront machen. Die Prognose und die Aufzeichnung weisen oft riesengrosse Unterschiede aus. Ausnahmen sind in der Regel Gewitterzellen, die über sehr flaches Land ziehen und so nirgends in der Topographie hängen bleiben. Auch können bei Grosswetterlagen, die Tiefdruckwirbel durch den mit sich ziehenden Regen dargestellt werden. Ansonsten sollte man sich nicht zu fest auf langfristige Regenprognosen, anhand eines Niederschlagsradars, verlassen.
Sehr nützlich sind diese Regenradare bei sehr kurzfristigen Vorhersagen, wie Gewittern oder Fronten.

smhi.se

Für den Norden Europas empfehle ich immer das Wetterradar des schwedisch, meteorologischen Instituts SMHI, das mit seiner Darstellung ganz Skandinavien einschliesst und eine hohe Verlässlichkeit hat.

SMHI Niederschlagsradar

Ansonsten sind die Prognosen von SMHI leider oft etwas zu negativ. Der Vorteil darin liegt sicher… man kann sich jeden Tag durch das reale Wetter positiv überraschen lassen 😉

Eigentlich würden die beiden Wetter Apps von YR.NO und SMHI schon vollauf genügen um eine einigermassen gute Wetterprognose zu erhalten. Wer es aber etwas genauer haben und sich auch nicht auf viele tolle und bunte Icons verlassen will, der sollte sich etwas tiefer mit dem Thema Wetter befassen. Ich kann es definitiv sehr empfehlen! Mich hat dieses Thema schon seit meiner Kindheit fasziniert. Später im Cockpit von Flugzeugen und Hubschraubern gehört das Wetter zu einem der wichtigsten Bestandteile der Flugvorbereitung. Im Gebirge kann ein Grundwissen dann schliesslich auch zum Lebensretter werden. Das Wetter richtig deuten zu können, bedarf etwas an Grundwissen, aber man muss definitiv nicht Meteorologe sein, um dies verstehen zu können. Mittlerweile gibt es zig Tutorials im Internet, die das Wettergeschehen und deren Prognostik in einfacher Sprache vermitteln können.
Hängt euch rein, es macht wirklich Spass und es bringt unterwegs und auch im Alltag enorm viel, wenn man die Zusammenhänge etwas genauer kennt. Hinzu kommt auch eine Portion Sicherheit, Gefahren aus dem Weg zu gehen. Andererseits aber auch wunderschöne Wetterphänomene erkennen zu können.

Isobarenkarte: Die Isobarenkarte zeigt uns die Grosswetterlage mit all ihren Tiefs und Hochs. Anhand der Druckverteilung können wir zum Teil Tage im voraus erkennen, ob starker Wind ein Thema wird, ob Niederschlag im Anmarsch ist, oder ob wir ein paar Tage perfektes ruhiges Wetter haben werden. Diese Punkte können gerade dann wichtig werden, wenn man eben nicht auf irgendwelche Wetterprognosen zugreifen kann, weil man im Begriff ist, in mobilfunkloses Gebiet einzutauchen.
Unter dieser Adresse: http://www1.wetter3.de/ erhalten wir Zugriff auf die professionellen Tools von wetter.de. Von Interesse sind hier die Standartkarten, die uns über mehrere Tage, die Zugbahnen der Hoch- und Tiefdruckgebiete aufzeigen. Auch die Isobarenkurven, die schwarzen Linien, sind für uns sehr wertvoll, denn, je näher sie zusammenliegen, desto windiger wird es.

Quelle: www1.wetter3.de/

Unter folgender Adresse bekommt ihr kurz und bündig viele Fragen zum Wetter erklärt: https://wetter-wien.wien/wetter-erklaerung/

Augen, Ohren, Nase, Haut: Ob man es glaubt oder nicht, aber die besten Wetterfühler sind immer noch unsere Instinkte und unsere Sinnesorgane. Wir sehen die Wolken und die Sonne, wir hören den Wind und den Donner, wir können den aufkommenden Regen riechen und wir spüren die Feuchtigkeit und die Temperatur auf unserer Haut. Wenn wir all diese Fähigkeiten mit unseren Instinkten paaren, dann werden wir keine Apps brauchen!

Doch alles schön und gut und wie steht es mit dem Klimawandel, beeinflusst der unser Wetter den auch unmittelbar, z.B. auf einer Wanderung in Norwegen? Selbstverständlich beeinflusst uns der Klimawandel, vorausgesetzt man akzeptiert auch dass es ihn wirklich gibt.

Viele Klimatologen und Wissenschaftler sind sich einig, dass unsere Erde im Moment in einer sogenannten Wärmephase ist und das Wetter sehr direkt beeinflusst wird. Diese Wärmephasen hat es immer wieder gegeben auf unserer Welt, so war sogar die Schweiz einst mal beinahe Eisfrei und es gab kaum noch Gletscher. Doch mittlerweile hat der Mensch mit der Industrialisierung diese Phase erst so richtig angeheizt. Wofür die Natur früher zehn- vielleicht zwanzigtausend Jahre gebraucht hat, haben wir Menschen mit unserer Industrie und dem Fortschritt in knapp hundert Jahren wettgemacht. Dies wirkt sich nun umso mehr, sehr rapide mit Veränderungen im Klima aus.


Doch wie stellen wir das konkret am Beispiel Norwegen fest. Norwegen hat, wie viele andere Länder auch, mit Wetterextremen zu kämpfen. Da Norwegen sehr nördlich auf dem Globus liegt und die Natur und Umwelt einiges sensibler auf Veränderungen reagiert, sind Wetterphänomene weit gravierender als in gemässigten Zonen. Ich habe öfters auch mit älteren Samis, welche seit fünfzig oder mehr Jahren draussen im Fjell leben, über diese Veränderungen gesprochen. Es hat mich immer wieder sehr betroffen gemacht, wie gross der Einfluss der Veränderungen für Menschen sein kann, die mit ihnen leben müssen, deren Existenz davon abhängt. Wir als Wanderer, deren Aufenthalt meist nur ein paar Wochen im Jahr ist, stellen diese Veränderungen kaum war und doch sind sie da.

  • Hitzeperioden am Polarkreis mit Temperaturen über 30°C
  • Gewitter in nördlichen Fjells
  • Extrem schneereiche Winter in den südlichen Fjells
  • Minustemperaturen an vom Golfstrom beeinflussten Küsten
  • Enorme Niederschlagsmengen im Frühling

Die Liste könnte noch über viele Punkte weitergeführt werden!
Konkret heisst das an einem Beispiel, dass wir im August auch in Nordnorwegen wissen sollten, wie man sich auf offenem Feld vor einem Gewitter schützt. Etwas was es früher sehr selten gab.

Wetterfazit im hohen Norden:

Es gibt keine unüberwindbaren Probleme mit dem Wetter in Norwegen, solange man sich immer wieder vor Augen führt, wie nördlich dieses Land auf dem Globus liegt. So befindet sich der südlichste Punkt in Lindesnes, nahe dem Breitengrad der Südspitze Grönlands. Fliegen wir auf dem Breitengrad des Nordkaps um die Welt, dann befinden wir uns schon im nördlichsten Sibirien oder in der kanadischen Beaufortsee, wo es fast nur noch Eis und Schnee gibt.
Anders gesagt, hat das Klima in Norwegen manchmal die Charakteristik des Klimas, z.B. in der Schweiz, wie in den Bergen, zwischen 1500 und 2000 Metern über Meer.
Wer diese grundlegende Tatsache in seine Planung mit einbezieht und sie auch respektiert, der wird wettertechnisch auf keine grossen Probleme treffen!

Frontendurchzug und Rückseitenwetter im Dovrefjell