Traum und Realität


…ich bin gerade in der DNT Hütte angekommen und habe den Ofen ein bischen eingefeuert. Es ist frisch im Fjell und hier drin nun bald gemütlich. Der frische Kaffee dampft schon und die halbe Tafel Schokolade ist gerade gegessen, als die Türe aufgeht und ein junges Pärchen hereinkommt. Ich fülle den beiden eine Tasse Kaffee auf und schon bald tauschen wir uns intensiv über den Wandertag und die Verhältnisse am Weg aus. Zum Nachtessen giessen wir uns das kochend heisse Wasser in unsere Beutel mit gefriertrockneter Nahrung. Ich nenne uns schon die Beutelkinder aus dem Fjell oder nordische Kängeruhs. Als wir gerade, mehr oder weniger überzeugend, mit dem Löffel in die Pampe greiffen, springt die Tür auf und ein ziemlich erschöpfter Mann kommt herein. Es ist sein letzter Tag draussen, morgen gehts zurück zur Zivilisation und nach Hause. Er hat sich mit dem Proviant verschätzt und hat kaum mehr was zu essen….. Schnell ist bei uns dreien in der Hütte etwas aus unserem Proviant für ihn zussmmengestellt. Sein Tag ist gerettet und wir können es ohne weiteres abgeben, wenn wir ein ganz wenig zurückstecken in den nächsten Tagen. Bei Kerzenlicht sitzen wir noch gemütlich in der Polstersitzgruppe der Hütte zusammen und plaudern über dies und das. Immer wieder steht jemand auf und geht vor die Türe um das unglaubliche Ambiente das Fjells zu spüren. Stille, Ruhe, Frieden….

Bald schon ziehen sich alle in ihre Kajütenbetter zurück, ein weiterer anstrengender Wandertag steht vor der Türe, und schon wird es still in der Hütte.

Es ist noch früh am Morgen als ich erwache, kein Wunder wenn die Sonne schon um 5.00 an der Nase kitzelt. Ich werfe die Decke zutück und……..erwache im Thon Hotel in Tromsø. Ich reibe mir die Augen und stelle fest….es war ein Traum mit der Hütte, oder doch eine Erinnerung von vor drei Tagen? Es herrscht Lärm in den Gängen und im Frühstücksraum ist der Kampf um die am meist beladensten Teller in vollem Gang. Handys rattern, Zeitungen rascheln, Redeschwall, klirren…..es liegt ein ungeheurer Nebel von Stress, Aufregung und Unzufriedenheit in der Luft. Es schnührt mir die Kehle zu und ich brauche frische Luft. Doch vor der Türe herrscht schon der Alltagskrieg. Hektik wohin man schaut, Auto um Auto rauscht vorbei, aus den Läden dringt schon die permanente, akkustische Dauerberieselung heraus.

In meinem Kopf dreht sich alles und die vergangenen Tage im Fjell kämpfen in meinen Erinnerungen, einen schon fast vergebenen Kampf mit dem hier und jetzt. Die Realität hat mich wieder…

Schön dass man noch träumen kann 🙂

P.S.

…und es gibt tatsächlich sehr viele Leute, die uns Fernwanderer für verrückt halten….. 😉

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